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Der geteilte Holocaust: ein Denkmal-Streit

■ Berliner Kultursenator schlägt zwei nationale Holocaust-Denkmale vor: eins für die Juden und eins für die Roma

Berlin (taz) — Der parteilose Berliner Kultursenator Ulrich Roloff-Momin möchte gerne salomonisch wirken. Im Gespräch mit dem Zentralrat der Sinti und Roma in Gestalt ihres Vorsitzenden Romani Rose hat er diesem vorgestern abend den Bau von zwei Holocaust-Mahnmalen in der Hauptstadt vorgeschlagen: eines in Gedenken an die sechs Millionen ermordeten Juden und das andere in Gedenken an die halbe Million Sinti und Roma, die vor allem im KZ Auschwitz umgebracht wurden.

Romani Rose allerdings hat dem Vernehmen nach das Ansinnen bereits abgelehnt. Seit Jahren kämpft er verbissen darum, daß das zukünftige zentrale Mahnmal der Bundesrepublik nicht nur an die Juden, sondern auch an die unter den Nazis ermordeten Sinti und Roma erinnert. Ein Bestreben, das nicht der historischen Logik entbehrt, waren es doch diese beide Gruppen, die allein wegen ihrer ethnischen Zugehörigkeit dem Rassenwahn der Nazis zum Opfer fielen. Die Bürgerinitiative „Perspektive Berlin“ um Lea Rosh jedoch, die auf die Schande aufmerksam macht, daß im Land der Täter immer noch kein zentraler Gedenkort an die jüdischen Opfer der Naziherrschaft steht, sperrt sich mit Hinweis auf die „Einzigartigkeit der Judenverfolgung“ gegen Roses Anliegen. Der Streit währt inzwischen schon drei Jahre. Vorgestern heizte ihn Romani Rose noch mal an, indem er dem Ehemann von Lea Rosh, Jakob Schulze Rohr, vor der Presse „Rassismus“ vorwarf. Grund: im Jahre 1989 hatte dieser in einem taz-Interview mißverständliche Äußerungen über die Nazipolitik gegenüber den „Zigeunern“ kundgetan.

Eine Versöhnung der beiden Gruppen wäre das Beste für die gemeinsame Sache, die dadurch nur blockiert wird. Denn mit dem Umzug der Regierung nach Berlin wird die Frage eines bundesrepublikanischen Holocaust-Mahnmals am Ort der Täter wieder höchst akut. Es soll zwischen Brandenburger Tor und dem Potsdamer Platz in unmittelbarer Nähe des ehemaligen „Führerbunkers“ entstehen, einem Areal, für das demnächst ein städtebaulicher Wettbewerb ausgeschrieben wird. Doch auch unabhängig von jenem unwürdigen Streit stehen die Chancen für das Anliegen des Zentralrats der Sinti und Roma schlecht. Denn sowohl die Bundesregierung als auch der Zentralrat der Juden in Deutschland scheinen sich inzwischen festgelegt zu haben, daß das Mahnmal nur an die jüdischen Opfer erinnern soll. Romani Rose bat zwar noch mal den derzeit im Krankenhaus liegenden Heinz Galinski in einem Brief um ein persönliches Gespräch „für eine gemeinsame Lösung“. Aber am 22.Juni schlug der Zentralrat der Juden, was die Würdigung des Schicksals der verfolgten Sinti und Roma anbelangt, eine „Absonderung“ vor. usche

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