: Heute zwei Demos für Oberbaumbrücke
■ Nach Räumung des Hüttendorfs formiert sich neuer Protest gegen Verkehrsplanung des Senats/ Besetzer und Initiativen rufen zu Aktionen auf/ Während der Räumung 2.500 Polizisten im Einsatz
Berlin. Nach der Räumung der Oberbaumbrücke am Mittwoch abend formiert sich neuer Widerstand gegen die Verkehrsplanung des Senats. Gegen die Räumung und die Vervollständigung des inneren Stadtrings wenden sich zwei Demonstrationen, die heute um 17 Uhr am Frankfurter Tor (Friedrichshain) und Kottbusser Tor (Kreuzberg) starten und an der Oberbaumbrücke enden sollen. Die Demos werden von den Besetzern des ehemaligen Hüttendorfs und einer Stadtteilinitiative aus Friedrichshain initiiert. Der BUND und die Initiative »Frauen für den Frieden« rufen zur Teilnahme auf.
Die Bauverwaltung begründete die Räumung damit, daß sie für die Sicherheit der Menschen auf der Brücke nicht garantieren könne. Die Absperrung zur Galerie und den beiden Türmen sei beschädigt worden, Leute seien auf dem baufälligen Gelände herumgelaufen. Wie der Sprecher der Bauverwaltung, Peter Weninger, sagte, werde mit den Bauarbeiten vermutlich erst im August begonnen. Bis dahin wird das Gelände vermessen und untersucht. Für die Fußgänger und Radfahrer ist die Brücke seit gestern null Uhr wieder passierbar.
Die Räumung, die am Mittwoch abend gegen 19 Uhr erfolgte, wurde von AL, PDS und dem BUND verurteilt. »Der Senat will mit der Gewalt des Polizeiknüppels die Schneise für die drohende Blechlawine schlagen«, bemängelte die AL-Fraktion Kreuzberg. Die PDS-Fraktion im Abgeordnetenhaus kritisierte, daß der Senat mit der Räumung eindeutig Bezirksinteressen ignoriere — der Bezirk Friedrichshain habe sich auf Anfrage der Polizei ausdrücklich gegen die Polizeiaktion ausgesprochen. Die Räumung passe in die Absicht von Bundesregierung und Senat, die Planungskompetenz der Bezirke durch einen »Hauptstadtvertrag« erheblich einzuschränken. Harald Wolf, PDS-Sprecher für Stadtplanung, monierte darüber hinaus, daß es bisher keine seriöse Untersuchung zum Innenstadtring gebe, die eine Öffnung der Oberbaumbrücke für den Individualverkehr nahelegt.
Der BUND bezeichnete die CDU/ SPD-Landesregierung als Amokläufer und forderte den Senat auf, zu demokratischen Formen der Auseinandersetzung zurückzukehren. An einem »Runden Tisch« sollten Bürger, Initiativen, Verwaltungen und Bezirkspolitiker beteiligt werden, fordert der Umweltverband. Eine Öffnung der Oberbaumbrücke für den Autoverkehr werde die Klimabelastung verschärfen — insbesondere den Sommersmog.
Nach der Räumung am Mittwoch war es zu zwei Demonstrationen gekommen, die sich gegen die bisherige Planung des Senats richteten, die Oberbaumbrücke für den Autoverkehr zu öffnen — statt Individualverkehr soll die Tram fahren. Etwa 150 Leute konnten — ohne von der Polizei behindert zu werden — etwa zwei Stunden durch Friedrichshain ziehen. In Kreuzberg kam es dagegen zu leichten Auseinandersetzungen mit der Polizei. Vereinzelt wurden auf Polizeiwannen Steine geworfen. In der Oranienstraße drängten Beamte den Zug von etwa 250 Leuten von der Straße. Dabei kam es zu Prügeleien und sieben Festnahmen — drei Polizisten sollen verletzt worden sein. Bis Mitternacht kam es auch auf der Kreuzberger Seite der Oberbaumbrücke zu vereinzelten Steinwürfen auf Beamte und Polizeifahrzeuge. Beamte schlugen immer wieder auf Protestierer ein und nahmen Leute fest. Insgesamt waren nach Polizeiangaben 2.500 Beamte im Einsatz. Dirk Wildt
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen