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Daimler behindert den U-Bahn-Bau

■ Autokonzern will keine U-Bahn unter dem Potsdamer Platz, da sie den Bau der Konzernzentrale verzögere/ Senat versäumte Passus im Kaufvertrag

Berlin. Daimler-Benz behindert den U-Bahn-Bau am Potsdamer Platz — und der Verkehrssenator schläft: Der Konzern verwahrt sich gegen die optimale Streckenführung der geplanten U-Bahn-Linie 3, die von der Leipziger Straße über den Potsdamer Platz unter der Trasse der alten Potsdamer Straße durch und damit unter dem Daimler-Grundstück durch führen sollte. Dies bestätigte der Staatssekretär der Stadtentwicklungsverwaltung, Wolfgang Branoner (CDU), auf Anfrage. In dem Vertrag mit Daimler-Benz wurde versäumt, hineinzuschreiben, daß die Firma dies dulden müsse, kritisiert der Staatssekretär. Alternativ zu der Streckenführung unter dem Daimler-Grundstück ist eine wesentlich tiefer liegende Strecke möglich, die aber sehr viel teurer ist. Diese tiefere U-Bahn ist jedoch bereits jetzt in den Bebauungsplan für den Potsdamer Platz eingetragen.

Zu den Einzelheiten: Am Potsdamer Platz befinden sich ein S-Bahnhof und der U-Bahnhof der Linie 2, die derzeit restauriert werden. Quer dazu geplant ist die U-Bahn-Linie 3 zwischen Alex und Wittenbergplatz, die dringend nötig sein wird, wenn vier große Dienstleistungszentren den Potsdamer Platz bevölkern. Das ahnten schon die Berliner Stadtväter in den zwanziger Jahren, erläutert Christfried Tschepe vom Fahrgastverein IGEB. Denn schräg über dem S-Bahnhof wurde ein Rohbau für einen späteren Kreuzungsbahnhof angelegt, der in Richtung der — damals noch benutzten — alten Potsdamer Straße weitergeführt hätte werden müssen. Diese jedoch gehört heute zum Daimler-Grundstück. Sollte diese Trasse realisiert werden, dann befürchtet der Konzern dem Vernehmen nach, daß der Senat auf Jahre eine gigantische Baustelle betreibt und damit den Bau des geplanten Dienstleistungszentrums behindert. Von Daimler-Benz war trotz mehrmaliger Anfrage keine Stellungnahme zu bekommen.

Verlegte man die U-Bahn-Trasse aber nördlich am Daimler-Grundstück vorbei, so könne man den Vorhaltebahnhof an der S-Bahn nicht nutzen, so Tschepe. Zudem müßte man die denkmalgeschützte Verteilerhalle am S-Bahnhof Potsdamer Platz zerstören und den Platz selbst um einen Meter anheben. Oder aber die U-Bahn läge 25 Meter unter der Erde und damit unterhalb der S-Bahn und des geplanten Fernbahntunnels, was die Baukosten um rund 100 Millionen Mark steigen ließe.

Eine naheliegende Lösung schlägt Staatssekretär Branoner vor. Man solle doch unter dem Daimler- Grundstück statt einer fertigen U-Bahn eine — leere — Vorhalteröhre legen, das gehe relativ schnell und billig. Daimler-Benz selbst könnte diese Röhre gleichzeitig mit seinen Kellergeschossen bauen, die Kosten könne man mit den Ablösebeträgen für die Stellplätze verrechnen, so Branoner. Die Verkehrsverwaltung verhandele deshalb mit dem Konzern.

Hier irrt Branoner. In der Verkehrsverwaltung sieht man keinen Handlungsbedarf, denn die geplante U-Bahn würde allerfrühestens in zehn Jahren, wenn nicht noch später realisiert, so Haases Sprecher Alexander Kaczmarek. Die Verkehrsverwaltung vergißt dabei, daß die Hochbauplanung für den Potsdamer Platz bis Herbst steht. Dann sind die Weichen gestellt. Eva Schweitzer

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