: Fürs Poesiealbum von Onkel Dagobert
■ „Die Illusion — Kampf den Drogen...“, 9.7., ARD, 20.15 Uhr
Wasser, Wasser, Wasser, eine dunkelbraune Suppe, auf der sich romantisch das Licht kräuselt, dann der Titel: Die Illusion — Kampf den Drogen durch Kapitulation. Tarä, da haben wir doch gleich mal assoziativ hübsch vom Leder gezogen. Diesmal nicht die rote Flut, sondern die braune aus Drogen.
Dagobert Lindlau macht einen Film über Sinn und Unsinn der Freigabe von Drogen. Wohlgemerkt Drogen, nicht harte oder weiche Drogen, einfach nur Drogen. Unterschieden wird zu keinem Zeitpunkt, und auch wenn das Wort „Einstiegsdroge“ tunlichst vermieden wird, ist klar, daß Lindlau jene meint. Schon nach wenigen Minuten reißt er uns mit seiner Sachkenntnis aus dem Fernsehsessel. Neben dem Bett eines Drogentoten fand sich „Besteck für Heroin und Haschisch“. Die armen Venen.
Lindlau will beweisen, daß Freigabe keine Lösung ist. Dazu führt er die Beispiele Schweden, Holland und Liverpool an, wo damit experimentiert wurde. Dummerweise vergißt Lindlau zu erwähnen, wieviel für wen da freigegeben wurde. Dafür wird mindestens dreimal berichtet, daß die Zahl der Abhängigen sich während der Freigabe verdoppelte. Der Vergleich zum Alkohol ist ebenfalls kein Thema. Immerhin wird bemerkt, daß ungleich höhere Schäden am Bruttosozialprodukt durch diese Volksdroge entstehen.
Man muß Lindlau zugute halten, daß er beide Seiten — Befürworter und Gegner der Freigabe — zu Wort kommen läßt. Aber dies macht keinen Sinn, wenn alle nur über die Drogen reden, aber die einen weiche, die anderen harte meinen. Das grandios inszenierte Manipulationsspiel dient nur dem einen Zwecke, Lindlaus Grundthese zu beweisen: Die Zunahme des Drogenkonsums verursacht eine Krise in der Gesellschaft, also muß sie bekämpft werden. Daß es vielleicht umgekehrt ist und immer mehr Menschen Drogen nehmen, weil sie mit dieser Gesellschaft nicht mehr klarkommen, kommt Lindlau gar nicht erst in den Sinn. Als Kronzeuge wird ausgerechnet eine vermummte „Figur aus dem Management der Kartelle“ bemüht. Dieser schreibt Onkel Dagobert ins Poesiealbum, daß die Kartelle sich die Märkte selber schaffen und Repression der einzige Weg ist, die Drogen in den Griff zu bekommen. Immerhin ist Lindlau klar, daß Repression gegen Süchtige und Kleinstdealer nichts ändert, solange „die Nachrichtendienste mitmischen“. Bravo, Dagobert, immerhin mehr begriffen als erwartet. Thomas Winkler
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen