: Deutsch-türkische Annäherung
■ Kinkel in Ankara: Keine EG-Vollmitgliedschaft für die Türkei, solange Folter zum Alltag gehört
Ankara (ap) — Für eine Vollmitgliedschaft in der Europäischen Gemeinschaft fehlen der Türkei noch immer die nötigen Voraussetzungen. Das machte Bundesaußenminister Klaus Kinkel (FDP) gestern bei seinem ersten offiziellen Besuch in Ankara seit acht Jahren deutlich. Zu gravierend seien nach wie vor die von der Organisation amnesty international erhobenen Vorwürfe in Sachen Menschenrechtsverletzungen. Auch eine Reihe von wirtschaftlichen Problemen müßten zuerst gelöst werden.
Weiteres Thema der fast dreistündigen Unterredung mit dem türkischen Amtskollegen Hikmet Cetin: die deutsche Militärhilfe für die Türkei. Cetin bekräftigte die Zusage seiner Regierung, deutsches Rüstungsmaterial nur noch für Zwecke der Landesverteidigung im Rahmen des Nato-Vertrages einzusetzen.
Am Morgen hatte der Vorsitzende des Menschenrechtsvereins, Nevzat Helvaci, Minister Kinkel die Folterpraxis türkischer Sicherheitsorgane bestätigt. Nach Angaben von Mitgliedern der deutschen Delegation berichtete Helvaci davon, daß bei vorläufigen Festnahmen und Verhören Schläge auf die Fußsohlen, Behandlung mit einem Wasserstrahl und Elektroschocks an der Tagesordnung wären.
Kinkel will bei dem Besuch vor allem versuchen, die durch das Vorgehen der türkischen Sicherheitskräfte gegen die Kurden entstandene Belastung der Beziehungen auszuräumen. Außerdem soll ein Türkei-Besuch von Bundeskanzler Helmut Kohl vorbereitet werden.
Doch nicht nur die Politiker bemühen sich derzeit um Annäherung. Bereits letzte Woche hatten sich in Mittelanatolien Spitzenvertreter der deutschen und türkischen Geheimdienste zu einem „Gedankenaustausch“ getroffen. Das Geheimtreffen diente vor allem dazu, die deutsch-türkische Kooperation auf dem Gebiet der Nachrichtendienste zu intensivieren. Wichtiges Thema war auch die „Arbeiterpartei Kurdistans“ (PKK) und deren Aktivitäten in Deutschland. Darüber erhielten die türkischen Kollegen ausführliche Informationen.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen