: Contra: Hans-Joachim Lenger
■ Unproduktiv Streit gestiftet
Um zu Anfang einem gängigen Einwand zuvorzukommen: Zu einer Präzisierung feministischer Fragestellungen an der Hochschule hat Adrienne Goehler nicht beigetragen. Noch vor ihrem offiziellen Amtsantritt z.B. legte sie einer feministisch engagierten Professorin die Kündigung nahe. Die gesetzlich vorgeschriebene Frauenbeauftragte ist auch nach drei Jahren nicht ordnungsgemäß gewählt worden; ebensowenig wurde eine Frauenkommission gebildet. Und eine produktive Zusammenarbeit an der Frauenringvorlesung kam nicht zustande, „da gegen Ende alle Vorschläge von Frau Goehler kamen und diese kritiklos akzeptiert werden mußten“ (Ursula Ritter).
Mehrfach hat sich Frau Goehler dafür in Fachbereichsangelegenheiten und in Fragen der Forschung und Lehre eingemischt. Offenheit, Bereitschaft zur Kooperation sowie die Fähigkeit, divergierende Meinungen anzuhören und für einen Ausgleich zwischen ihnen zu sorgen, fehlten dagegen fast völlig.
Vielmehr sorgte sie für Streit. Bereits kurz nach der Wahl hatte Adrienne Goehler angekündigt, sie werde Architekten und freie Künstler an der Hochschule in einen Streit bringen. Nicht zufällig eskalierte deshalb der Widerspruch gegen Frau Goehlers Amtsführung, als sie — ohne hinreichende Abstimmung mit anderen Fachbereichen — Bauprojekte selbstherrlich vergab und den massiven Widerspruch dagegen lächerlich machen wollte. Aus dem Eklat scheint sie nichts gelernt zu haben. So erfuhr die HfbK erst vor kurzem, daß seit zwei Jahren die Planung eines Erweiterungsbaus betrieben wird, ohne daß die Hochschule konsultiert worden wäre, etwa was den Raumbedarf angeht.
Adrienne Goehler hat Öffnung, Transparenz und ein besseres Gesprächsklima an der Hochschule versprochen. Sie hat nichts von dem eingelöst, vielmehr das Gegenteil bewirkt. All dies hat die Vorbe-
1halte gegen ihre Amtsführung zu offenem Widerspruch verhärtet. Man mag die lange Liste der Vorwürfe als „bloß klimatisch“ abtun. Aber gerade eine Kunsthochschule ist auf ein produktives Klima angewiesen. Frau Goehler wird nicht etwas vorgeworfen, was disziplinarrechtlich von Belang wäre, sondern unproduktiv Streit gestiftet zu haben, der die Arbeitsfähigkeit der Hochschule bedroht.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen