: SPD will gegen Adria-Einsatz klagen
Fraktionschef Klose ist der Überzeugung, daß der Bundeswehreinsatz an der Küste Ex-Jugoslawiens gegen das Grundgesetz verstößt/ „Grundlegender Verstoß gegen parlamentarische Regeln“ ■ Aus Bonn Tissy Bruns
Die SPD verlangt eine Sondersitzung des Bundestags und will eine Verfassungsklage vorbereiten. Fraktionschef Hans-Ulrich Klose erklärte, daß die Teilnahme der Bundeswehr am Embargo-Überwachungseinsatz von Nato und WEU in der Adria das Grundgesetz und die parlamentarischen Regeln verletzt habe und nicht vom Nato- und WEU- Auftrag gedeckt sei.
In der gemeinsamen Sitzung von Verteidigungs- und Außenausschuß, die auf Druck der SPD einberufen worden war, kam es nicht zu einer Annäherung zwischen Regierung und Opposition über den Einsatz des Zerstörers „Bayern“ und der drei Seefernaufklärungsflugzeuge, die seit gestern früh am Einsatz vor der Küste des ehemaligen Jugoslawien teilnehmen. Der entsprechende Einsatzbefehl Rühes war gestern früh um 8 Uhr in Kraft getreten. Der Flottenverband soll das von der UN verhängte Embargo gegen Serbien und Montenegro überwachen und Verstöße melden, jedoch nicht in die Durchsetzung eingreifen.
Er persönlich, so Klose, wäre vielleicht bereit, nach einer verfassungsrechtlichen Klarstellung ja zu dem Einsatz zu sagen, wenn das wirklich helfen würde. Das aber sei zu bezweifeln. Das Embargo würde nach allen Erkenntnissen auf dem Landweg unterlaufen, allem Anschein nach auch vom Nato-Land Griechenland. Gleichwohl nähme ein griechisches Schiff an der Überwachungsmaßnahme teil. Nach seinem Eindruck ginge es der Bundesregierung zwar auch um Hilfe, im Vordergrund stünden jedoch bündnispolitische Erwägungen. Der Einsatz sei keine Übung, sondern eine militärische Maßnahme, ohne Gewaltanwendung, aber nicht gedeckt durch den Auftrag der beiden Bündnisse. Es ginge in diesem Fall nicht um ein out of area-Problem, der Einsatz sei vielmehr „out of treaty“ und deshalb auch nicht durch Artikel 87 Absatz 2 des Grundgesetzes gedeckt.
Daß der Einsatz vor den Ausschußsitzungen begonnen habe, sei ein grundlegender Verstoß gegen die Grundregeln der parlamentarischen Demokratie. Schrittweise sollten offensichtlich die Grenzen für Bundeswehreinsätze verschoben werden. Dazu müsse eine Klärung erfolgen. Wenn dies nicht im Parlament möglich sei, dann müsse das Verfassungsgericht entscheiden. Über das mögliche Urteil der Obersten Richter mochte Klose nicht spekulieren. Die lange Zeit gültige Verfassungsinterpretation, daß Bundeswehreinsätze nur zur Verteidigung der Bundesrepublik oder des Nato-Bündnisses zulässig seien, wird von CDU und CSU seit einiger Zeit nicht mehr getragen. Unions-Fraktionschef Schäuble wiederholte am Rande der Sitzung, daß nach seiner Meinung die Verfassung eindeutig alle nach der UNO-Charta möglichen Einsätze erlaube.
Zwischenfall in der Adria
Washington (AP) — Zwei in die Adria geschickte Kriegsschiffe der USA haben mehrere Zwischenfälle mit der jugoslawischen Luftwaffe gemeldet. Wie am Mittwoch ein Pentagonsprecher in Washington erklärte, näherten sich am vergangenen Wochenende mehrere Kampfflugzeuge in drei verschiedenen Fällen dem Landungsschiff „Iwo Jima“ und dem Raketenkreuzer „Biddle“. Als die Flugzeuge offenbar tiefer gehen wollten, wurde ihnen über Funk und Radarsignal bedeutet, daß sie bei Fortsetzung ihres Kurses mit einem Angriff rechnen müßten.
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