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Iranische Eierwerfer zielen erfolgreich

Der iranische Außenminister Welajati brach gestern seinen Staatsbesuch in Potsdam vorzeitig ab  ■ Von CC Malzahn

Potsdam/Berlin (taz) — Der iranische Außenminister Ali Akbar Welajati hat gestern vorsichtshalber darauf verzichtet, sich das Schloß Sanssouci in Potsdam und das Pergamonmuseum in Berlin anzuschauen. Früher als geplant flog Welajati, der sich drei Tage zu Gesprächen in Deutschland aufgehalten hatte, nach Teheran zurück. Der Grund für die plötzliche Hektik: Vor seinem Zusammentreffen mit dem brandenburgischen Ministerpräsidenten Stolpe war Welajatis Staatskarosse von iranischen Demonstranten mit rohen Eiern und einer leeren Flasche beworfen worden.

Nach dem Zwischenfall hatte der Staatsgast vor Journalisten zwar beteuert: „That's nothing!“ — gegenüber den Gastgebern bat Welajati dann aber um Verständnis dafür, nun „eine Ruhepause“ einlegen zu wollen. Kurze Zeit später saß er im Flugzeug auf dem Weg nach Teheran.

Der brandenburgische Regierungssprecher versuchte nach dem „Eklat“, die Angelegenheit herunterzuspielen: Das Gespräch mit Stolpe habe länger gedauert als erwartet, deshalb hätte der Gast auf einen Ausflug nach Sanssouci verzichtet.

Bereits am Vorabend, als Welajati noch in Bonn weilte, war es vor dem Gästehaus der Bundesregierung zu ähnlichen Szenen gekommen. Auch dort waren Eierwerfer in Stellung gegangen, sie trafen jedoch nur ein Begleitfahrzeug des Außenministers. Einige der Demonstranten hatten außerdem versucht, die Wagenkolonne zum Stehen zu bringen, indem sie sich auf die Straße gelegt hatten. In Bonn wurden sieben, in Potsdam drei Personen vorläufig festgenommen. Die an der Potsdamer Aktion beteiligten Demonstranten waren schon im April bei Protestaktionen von der Polizei verhaftet worden, so ein Polizeisprecher. Auch am Dienstag hatten iranische Oppositionelle gegen die Menschenrechtsverletzungen in ihrer Heimat protestiert.

Inzwischen hat sich das in Köln ansässige Büro der Volksmudschaheddin Irans zu den Attacken auf Welajati bekannt. Mit den Aktionen habe man auf die Menschenrechtsverletzungen im Iran aufmerksam machen wollen, erklärte ein Sprecher. Die Bundesregierung will sich nach dem Potsdamer Zwischenfall bei der iranischen Botschaft entschuldigen. Gleichzeitig wurde betont, daß das Leben oder die körperliche Unversehrtheit des Gastes zu keiner Zeit gefährdet gewesen sei. Bundesaußenminister Klaus Kinkel nahm den Abbruch des Besuches „mit großem Bedauern“ zur Kenntnis und forderte die zuständigen Behörden in einer Erklärung auf, „für eine umgehende Aufklärung des Vorfalls zu sorgen“.

Am Mittwoch hatte sich Bundeskanzler Kohl bei Welajati für die iranische Unterstützung bei der Freilassung der beiden deutschen Geiseln im Libanon bedankt. Die Beziehungen beider Staaten sollten in politischer, kultureller und wirtschaftlicher Hinsicht vertieft werden, sagte Kohl. Der iranische Außenminister war auch mit dem SPD-Oppositionsführer Klose zusammengetroffen. Klose betonte anschließend, die positive Entwicklung der deutsch-iranischen Beziehungen dürfe nicht darüber hinwegtäuschen, daß die Menschenrechtslage im Iran das Verhältnis belaste.

Die Grünen haben den „herzlichen Empfang“, den die Bundesregierung „dem Repräsentanten des Teheraner Terrorregimes“ bereitet hat, scharf kritisiert. Die deutsche Außenpolitik kümmere sich nicht um die Verwirklichung von Demokratie und Menschenrechten im Iran. „Wie kann es kulturelle Beziehungen zu der Regierung eines Landes geben, das Schriftsteller wie Rushdie, ihre Übersetzer und Verleger mit Mordankündigungen überzieht und diese auch noch umsetzt?“ hieß es in einer Presseerklärung der Partei.

Siehe auch Seite 10

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