: Amerikanische AKWS sind leicht brennbar
Washington/Berlin (wps/taz) — US-amerikanische Atomkraftgegener haben Anfang der Woche die Feuersicherheit von 87 der 110 laufenden US-Atommeiler in Frage gestellt. Der Brandschutz in den Anlagen bleibe hinter den gesetzlichen Vorschriften zurück, Brandschutzeinrichtungen würden bei Feuer schmelzen.
In der Tat hatte die amerikanische Atombehörde NRC schon im vergangenen Monat den AKW-Betreibern mitgeteilt, daß eine Brandschutzeinrichtung für lebenswichtige elektrische Kabel bei „einigen Feuerschutztests“ versagt habe. Die Kabel sichern untern anderem den Betrieb und die Sicherheitssysteme der Reaktoren. Die NRC war immerhin so beunruhigt, daß sie die Betreiber zwang, durch ständige Patrouillen der „Thermo-Lag-Brandschutzsysteme“ die Sicherheit zu erhöhen.
Den Atomkraftgegnern vom Nuclear Information and Research Service (NIRS) reicht das nicht. Sie beschuldigten die Behörde, dem Druck der Industrie nachgegeben zu haben und den Weiterbetrieb von AKWs zu erlauben, obwohl diese den Sicherheitsvorschriften nicht entsprechen. „Diese Feuer-Patrouillen sind völlig unzureichend“, so NIRS-Chef Michael Mariotte. „Brandschutzpatrouillen sind keine Ersatz für wirklichen Brandschutz, vor allem wenn die Brandschutzeinrichtungen hinter Betonmauern liegen.“ Die Gruppe veröffentlichte Fotos, in denen geschmolzenes und brennendes Thermo-Lag zu sehen war. Außerdem forderten sie die sofortige Schließung des AKW River Blend in Louisianna. Dort hatte das Brandschutzmaterial seit 1987 gleich mehrfach versagt.
Die Atombehörde reagierte defensiv: „Sie stellen einige der Fragen, die wir natürlich auch stellen“, so ihr Sprecher. „Wir nehmen das Ganze ernst und werden es so schnell wie möglich angehen.“ Der Brandschutz in AKWs ist in den USA eine besonders heikle Angelegenheit, seit ein Kabelbrand im Browns Ferry AKW 1975 fast zum Super-Gau führte.
Die Lobbyorganisation der amerikanischen Atomindustrie wies den Vorwurf zurück, die Stromversorger betrieben gemeingefährliche Atommeiler einfach weiter. Die Atomkraftgegner machten viel Rauch, wo es gar kein Feuer gebe. Ihr Ziel sei lediglich, „die Nutzung der Atomenergie in Amerika zu behindern“. Auch die Herstellerfirma des Brandschutzmaterials „Thermal Science“ aus St. Louis ließ die Vorwürfe bestreiten. Einzelne Betreiber waren nicht so sicher. William Benedetto, Sprecher des Gulf States Stromkonzern, räumte ein, daß seine Firma das Brandschutzmaterial austauschen wolle. Allerdings wisse man noch nicht womit.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen