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Cola ohne Kohlensäure

■ Jim Courier verlor beim Tennisturnier von Kitzbühel gegen den Qualifikanten Diego Perez aus Uruguay

Kitzbühel (taz) — Jim Courier, sonnengerötet im Gesicht und teilnahmslos wie selten, gab sich einsilbig. Kurz zuvor hatte sich der gewöhnlich vor Selbstbewußtsein strotzende Weltranglisten-Erste sein Negativerlebnis des Jahres eingehandelt, und er zeigte nicht die geringste Lust, sich an der Ursachenforschung für das Debakel zu beteiligen. Auf dem Weg nach Barcelona wurde der US-Amerikaner in der ersten Runde des Kitzbüheler ATP-Turniers von dem Qualifikanten Diego Perez am Ende regelrecht vorgeführt und verlor 6:3, 6:7, 2:6. Der „Mann mit der Mütze“, der sein Käppi diesmal in der Kabine ließ, bekam von dem 30jährigen Profi aus Uruguay kräftig eins über den Kopf, und die erwartungsvollen Fans im schmucken Casino-Stadion quittierten den kostspieligen Kurzauftritt Couriers auf dem Kitzbüheler Sand — er wurde für eine sechsstellige Dollar-Summe in die Tiroler Alpen geholt — mit Pfiffen.

War es die Höhenlage? „Nein, das war kein Problem.“ Der Platz? „Nein, der war okay.“ Woran lag es dann? „Was meinen Sie denn?“ Die Befragung des Jim Courier ergab kaum etwas Erhellendes. „Vielleicht habe ich meine Konzentration verloren; ich fühlte mich im dritten Satz wie eine Cola ohne Kohlensäure“, kam dem 21jährigen abschließend doch noch ein komplettes Satzgefüge über die Lippen.

Diego Perez (157. der Weltrangliste), der vor sieben Jahren ebenfalls in Kitzbühel den frischgebackenen Wimbledon-Sieger Boris Becker düpierte, demonstrierte wieder einmal, daß im Männertennis auf Sand — unabhängig vom Ranglistencomputer — alles möglich ist. „In der ersten Qualifikationsrunde stand ich gegen den 784. kurz vor dem Aus, heute hatte ich einen guten Tag, und es reichte gegen die Nummer eins“, formulierte der Südamerikaner, der es in zwölf Profijahren auf gerademal 800.000 Dollar Preisgeld gebracht hat, ohne Triumphgehabe. Diego Perez erlebt 1992 — eigentlich für die Branche untypisch — nach sechs, sieben mageren Jahren offensichtlich seinen zweiten Frühling. Bereits bei den French Open stand der immer gut aufgelegte Mann aus Montevideo im Achtelfinale.

Jim Courier fuhr vom Kitzbüheler Höhentrainingslager sofort nach Barcelona. Dort wird zwar auch auf Sand, aber auf Meereshöhe gespielt, und die Bälle fliegen langsamer. Umgewöhnen und eingewöhnen heißt das Motto. Als US- Amerikaner ist Jim Courier wie auch Pete Sampras, der in Kitzbühel ebenfalls dabei ist, selbstverständlich ein guter Patriot. Beide wollen „ihr Bestes geben, um eine Goldmedaille zu erobern“, so Sampras. Ein Kaffeekränzchen à la Boris Becker kommt für sie nicht in Frage. Sampras, der Weltranglisten-Dritte, sieht das olympische Turnier „auf einer Ebene mit einem Grand Slam-Turnier, vergleichbar mit den French Open“.

„Boris Becker ist Realist. Er würde sicherlich anders über die Olympiade reden, wenn das Tennisturnier statt auf Sand auf einem Hartplatz stattfände“, ist sich Ronald Leitgeb, Trainer und Manager der österreichischen Medaillenhoffnung Thomas Muster, sicher. Muster wollte zur Vorbereitung auf Olympia eigentlich Tirol meiden und sich beim Turnier in Hilversum auf Edelmetallkurs bringen. Doch sein Sponsor „Head“, gleichzeitig Namensgeber der Kitzbüheler Veranstaltung, verdonnerte ihn kurzfristig per wildcard zum Start in der Heimat. Karl-Wilhelm Götte

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