: Güldenes Olympia
■ Das IOC verdient, der Sport dient
„Wie das Wasser das köstlichste unter den Elementen — wie das Gold das höchste unter den Schätzen menschlichen Besitzes — wie die Sonne Glanz und Wärme ausstrahlt, so mögen wir keinen edleren Kampf besingen als den von Olympia“, schwärmte der griechische Dichter Pindar vor rund 2.500 Jahren. Der olympischen Familie von heute dürfte in der Ode des antiken Poeten vor allem ein Wort besonders wohlig und vertraut in den Ohren klingen: Gold! Dabei spielt das Gold, das sich die Athletinnen und Athleten im Falle eines Sieges um den Hals hängen dürfen, nur eine untergeordnete Rolle. Viel wichtiger ist der Goldregen, der sich, haarscharf an den Sportlern vorbei, in diverse Taschen ergießt.
Die Aktiven bilden eigentlich ein recht kleines Häuflein bei Olympia, den Löwenanteil machen die Sponsoren aus: auf jeden Athleten kommen vier Exemplare dieser Spezies vorwiegend hungriger und durstiger Sportparasiten.
1,9 Milliarden Dollar wird das Internationale Olympische Komitee (IOC) am Ende der Spiele verdient haben, 93 Prozent verteilt es wieder an die Organisationskomitees von Barcelona und Albertville, an die einzelnen Nationalen Olympischen Komitees und die Sportverbände. 133 Millionen Dollar behalten Samaranch und Konsorten für ihren Verein. Neben den Fernseheinnahmen von insgesamt 935 Millionen Dollar für Winter- und Sommerspiele stammen die Gelder vor allem vom sogenanten TOP- Programm. Ein exklusiver Kreis von zwölf Sponsoren zahlt für das Recht, mit den olympischen Symbolen hausieren gehen zu dürfen, 175 Millionen Dollar in die IOC- Kassen.
Olympia hat längst vor dem Kommerz kapituliert, krampfhaft versuchen seine Hohepriester wenigstens den Schein zu wahren. Während außerhalb der Stadien und Hallen der Werberummel tobt, versucht das IOC, in den Wettkampfstätten die Aura des reinen, hehren Sports aufrechtzuerhalten. Gelackmeiert sind die Athleten, die werbefrei ihrem Sport nachgehen müssen und so an den olympischen Pfründen nur partizipieren können, wenn ihre Sportart zu den attraktiveren Disziplinen gehört.
Was ihnen auf jeden Fall bleibt, sind die Medaillenprämien. Italien zahlt 100.000 Mark für Gold, deutsche Triumphe sind 15.000 Mark wert, die GUS zahlt 30.000 Rubel plus 3.000 Dollar, in der CSFR gibt es einen Skoda. Nur in Großbritannien und den USA gehen die Sieger leer aus. Carl Lewis und Michael Jordan als olympische Kirchenmäuse: Pindar wäre begeistert. Matti
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