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NOTIZEN AUS DER PROVINZ

Reklame im Rathaus

Erkrath (taz) — Vor den Sitzreihen der SPD-Fraktion prangt in riesigen Lettern die COOP-Werbung, CDU- PolitikerInnen tragen bei ihren Reden stolz den Mercedes-Stern auf ihren T-Shirts vor sich her und die Grünen legen demonstrativ die Birkenstock-Sandalen auf die städtischen Ratsbänke.

Bunt zugehen kann es demnächst auf Sitzungen des Erkrather Stadtrates. Bei ihrem letzten Zusammentreffen haben die PolitikerInnen des 40.000 Seelen zählenden Städtchens in Nordrhein-Westfalen beschlossen, „während Ausschuß- und Ratssitzungen Bandenwerbung zuzulassen“ und machten sich damit zum Gespött der ganzen Stadt.

Eigentlich wußte nachher niemand, wie es zu diesem kommunalpolitischen Witz gekommen war. In einer nicht enden wollenden Geschäftsordnungsdebatte machte GAB-Vertreter Reinhard Herder seiner Verzweiflung Luft und kommentierte den realsatirischen Verlauf des Hick-Hacks mit einem „Jux- Antrag“. Begründung: die geplante Werbung sei ein Beitrag zur Förderung der heimischen Wirtschaft. Das überforderte die vielen Möchtegern- Staatsmänner und -frauen im Saal. Das Schmunzeln von Stadtdirktor Bernd Sundhoff verwandelte sich nach der Abstimmung schnell in heftig verdunkelte Gesichtsfarbe. Hinterbänkler und Polit-Profis der vier bürgerlichen Fraktionen enthielten sich weitestgehend der Stimme, so daß die vier erhobenen GAB-Hände mit Hilfe einiger SPD-Spaßvögel den Antrag durchbrachten.

„Rat und somit Stadt haben sich in Sachen Seriösität geschadet“, kritisierte Sundhoff den neuen Werbe- Paragraphen. Die CDU-Spitze lehnte jede Verantwortung ab: „Wegen der Lächerlichkeit des Antrages haben wir uns nicht an der Abstimmung beteiligt.“

Während schon einige Erkrather Firmen Interesse angemeldet haben, ihre Produkte dem Rat zu präsentieren, denken die Polit-Größen jetzt darüber nach, wie sie ihren Kaspar- Streich wiedergutmachen können. Im September steht die nächste Sitzung auf dem Programm. Jens Schmidt

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