Neonazi-Demo wurde ein Flop

■ Knapp 90 Neonazis demonstrierten im hessischen Langen für einen toten Kumpel/ GegendemonstrantInnen erschienen zahlreicher/ 27 Festnahmen durch Polizei

Berlin (dpa/taz) — Knapp neunzig Neonazis demonstrierten am Samstag in der Langener Innenstadt zum Todestag eines ihrer Helden, des Neonazis Gerald Hess, der sich vor zwei Jahren mit einer Schrotflinte das Leben genommen hatte. Die Polizei nahm 27 Personen fest, 23 davon waren Rechtsradikale. Vier gehörten zu den etwa 180 GegendemonstrantInnen, die gegen die Rechten auf die Straße gegangen waren. Die Neonazis hatten angekündigt, daß 1.200 DemonstrantInnen kommen würden.

Die Stadt Langen hatte die Demonstration verboten, was zunächst vom Verwaltungsgericht Darmstadt bestätigt worden war. Erst Freitagabend hob der hessische Verwaltungsgerichtshof das Verbot auf. Die Polizei kontrollierte die anreisenden DemonstantInnen und nahm sieben Businsassen aus Erfurt wegen unerlaubten Waffenbesitzes fest. Sie stellte zahlreiche Gegenstände wie Schlagstöcke, Messer, Baseballschläger, Schlagringe, Tränengasdosen, eine Gas- und eine Schreckschußpistole sicher.

Mehrere Hundertschaften waren im Einsatz, weil Auseinandersetzungen mit den GegendemonstrantInnen befürchtet wurden. Die Langener Innenstadt wurde komplett abgeriegelt. Zwei Augenzeugen schilderten aus Langen: „Gegen 14 Uhr setzte sich ein Zug von 20 Neonazis vom Bahnhof aus in Bewegung. Er war eingerahmt von Polizei.Gegendemonstranten stellten oder legten sich in den Weg und überschrien die Parolen der Neonazis. Es kam zu Geplänkel und Rempeleien mit der Polzei. Am Lutherplatz hatten sich Vertreter der Langener Parteienszene eingefunden, um ihre Mißbilligung der Neonazi-Demonstration kundzutun. Es waren Mitglieder von SPD, FDP und Jusos. CDU-Leute, die im Stadtrat ebenfalls für das Demonstrationsverbot waren, sind nicht zu sehen gewesen.

Mit dem Zug aus Richtung Bahnhof traf ein zweiter aus der entgegengesetzten Richtung zusammen. Die Polizei verhielt sich unsicher. Die Neonazis marschierten zur Abschlußkundgebung zum Bahnhofsvorplatz. Sie riefen Parolen gegen einzelne Ausländer, die sie auf der Straße oder hinter Fenstern zu erkennen glaubten. Die Gegendemonstranten störten die Neonazis während des gesamten Zuges.

Klaus Ottermann, ein Teilnehmer der Gegendemonstration, berichtet, daß es bei der Abschlußkundgebung zu einem Zwischenfall gekommen sei. „Auf die Behauptung eines Neonazis, von einer Frau angefahren zu sein, ist diese von drei Polizisten hinter ihrem Fahrzeug zusammengeschlagen worden. Ich habe gesehen, daß die Frau ins Krankenhaus transportiert wurde. Der Amtsleiter der Langener Polizei hat schließlich erklärt, daß die drei Polizisten bekannt seien und daß gegen sie ermittelt werde.“ Lothar Langer