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Super! Superschnell abgewickelt

■ Sinkende Auflage und zu wenig Anzeigen/ Mitarbeiter von Schließung überrascht

Berlin (taz) — Super ist am eigenen Dreck erstickt. Am vergangenen Freitag erschien die letzte Ausgabe. Anzeigenkunden, insbesondere Markenartikler, hielten sich trotz einer zeitweiligen Auflage von über einer halben Million Exemplaren im Blut- und Busen-Blatt des Ostens auffällig zurück. Der Burda-Verlag nannte am Samstag als Hauptgrund für Supers Ende, daß ein wirtschaftlich tragfähiges Anzeigengeschäft und damit die Rentabilitätsschwelle in absehbarer Zeit nicht erreichbar gewesen gewesen. Trotz des gegen die Bild-Zeitung gerichteten Kampfpreises von zunächst 30, später 40 Pfennigen, sank die Auflage von Super zuletzt stetig. Hatte sie nach dem Start des Blattes am 2. Mai letzten Jahres mehrfach die Schwelle von 500.000 verkauften Zeitungen überschritten, betrug sie im ersten Quartal dieses Jahres nur noch 411.000 Exemplare. Zuletzt meldete der News Burda Verlag eine Auflage von 375.000 Exemplaren.

Etwa 140 Millionen Mark sollen in das gescheiterte Super-Unternehmen investiert worden sein. Nach Angaben von Burda hätte der Verlag erst bei einer stabilen Auflage von 500.000 Exemplaren, einem Preis von 90 Pfennigen und eineinhalb Anzeigenseiten mit überregionaler Werbung täglich schwarze Zahlen schreiben können. Auch mit einer Berlin-Brandenburger Regionalausgabe gelang es dem Zentralorgan für Schmierenjournalismus nicht, mehr LeserInnen anzulocken. Daß der australische Großverleger Rupert Murdoch letzte Woche aus dem allein für den ostdeutschen Markt konzipierten Blatt ausgestiegen war, nahm Burda zum Anlaß, den Laden dichtzumachen.

Die Super-RedakteurInnen waren vom Herausgeber nicht nur überdurchschnittlich für ihre „brachiale Hingabe“ (Chefredakteur Peter Bartels) bezahlt, sondern auch unterdurchschnittlich über die Folgen dieser Hingabe informiert worden. Erst um 16 Uhr am vergangenen Freitag, mitten in der Arbeit an der Samstagsausgabe, erfuhren insgesamt 800 RedakteurInnen, TechnikerInnen und die DruckerInnen, daß sie sich neue Jobs suchen müssen. Auf den Bildschirmen der Redaktion flimmerte noch die Schlagzeile für Samstag: „Willkommen, Erich!“. Während Chefredakteur Bartels Anfang dieser Woche „bei einem Bier“ von seiner Super-Mannschaft Abschied nehmen will, dürften die Bild-MacherInnen im Springer-Hochhaus das K.O. der Konkurrenz längst mit einem kollektiven Besäufnis gefeiert haben.

Mit Super hatte der deutsche Journalismus endgültig die Talsohle erreicht. Unvergessen die Haß-Geschichte aus dem Städtchen Bernau bei Berlin, das sich angeblich freute über den Ossi, der einen „Angeber-Wessi“ mit einer Bierflasche erschlagen hatte. Zum ersten Mauerschützenprozeß tat sich Super mit farbigen Aufmacherfotos von der Leiche Chris Gueffroys hervor. Super-Opfer überhäuften die Zeitung mit Gegendarstellungen, von deren Abdruck sich das Blatt teils mit fünfstelligen Summen freikaufte. Gleich in Serie wurde Super vom Berliner Landgericht zur Unterlassung diverser Falschmeldungen verdonnert. Gegen das Blatt klagten u.a. Günter Wallraff, Gregor Gysi, die PDS und Karl Eduard von Schnitzler — „Sudel-Ede“, von dem Super behauptet hatte, er habe 1.500 Video- Filme seiner früheren Sendung „Der schwarze Kanal“ verschwinden lassen. Beim Versuch, die finanziellen Transaktionen der PDS zusammenzuschreiben, lieferte Super falsche Zahlen und abseitige Behauptungen über verschwundene Gelder. Und neben Gysi als Stasi-Spitzel outete Super auch gleich noch Wallraff als „einen der wichtigsten Einfluß-Agenten“ der gewesenen DDR. Der Prozeß von Wallraff gegen das Blatt, das „nicht als Zeitung, sondern als kriminelle Vereinigung gilt“ (Wallraff über Super) ist noch nicht abgeschlossen. Den Fernsehchef des Bayerischen Rundfunks, Heinz-Klaus Mertes, hatte indes die dubiose Quelle nicht gestört, um nach dem Super-Bericht seinen Tagesthemen-Kommentar in eine Verleumdungskampagne gegen den Enthüllungsjournalisten umzufunktionieren.

Burda will in ein Nachrichtenmagazin in Konkurrenz zum Spiegel investieren und die Einstellung von Super für eine Neuordnung seiner Ost- Geschäfte nutzen. Die um nichts seriösere Super- Illu (Auflage 600.000 Exemplare) soll nach Westdeutschland und die super tv (Auflage 500.000 Exemplare) nach Polen expandieren. Bettina Markmeyer

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