»Ich wollte die Quote erhöhen«

■ Die taz befragte Menschen, die bei der »Aktion Fluchtweg« ein Flüchtlingsquartier angeboten hatten/ Aufnahmewillige mögen sich nun beim »Bürgertelefon« melden

Berlin. Die Intention der von taz und Grünen initiierten »Aktion Fluchtweg« scheint verstanden worden zu sein. Bei einer Telefonrundfrage der taz meinte die Mehrheit derer, die ein Privatquartier angeboten hatten, sie hätten vor allem politischen Druck auf die Behörden ausüben wollen, mehr Kriegsflüchtlinge aufzunehmen.

Gudrun Haberkern aus Ost-Berlin beispielsweise sagt, sie habe »ein politisches Motiv«: »Ich finde es unglaublich, daß so wenige aufgenommen werden. Es ist ungeheuerlich, daß erst so spät reagiert wird.« Sie habe zwar nicht viel Platz in der Wohnung, aber das ließe sich schon einrichten. Stefan Berker, Musikverleger aus West-Berlin, will gleich vier Flüchtlinge aufnehmen und damit »politisch Druck machen, um zusätzlich Leute ins Land zu holen«. Daß der Senat nun schon hier lebende Flüchtlinge von Heimen in Privatquartiere vermitteln wolle, das macht in seinen Augen »nicht viel Sinn«. Heiner Rennings aus West-Berlin gab es der taz gleich schriftlich: »Auch ich habe bei der Aktion Fluchtweg eine Unterkunft für einen Flüchtling zur Verfügung gestellt in der Annahme, daß die Quote erhöht und mehr Menschen geholfen werden kann.« Michael Lindenau, ebenfalls aus West-Berlin, möchte gerne zeigen, »daß es ein anderes Deutschland gibt.« Wenn man die Möglichkeit habe zu helfen, dann solle man es tun, »und wir haben eine relativ große Wohnung«. Und Christine Dettmer aus Ost-Berlin befand: »Wenn die Regierung zu blöde ist, kann man sich privat melden.« Sie habe ein kleines Baby, da könne sie sich doch gut auch um eine Frau mit Kind kümmern.

Aber auch beim Senat ist die Botschaft der Aktion Fluchtweg angekommen. Mit dem gestern offenbar einstimmig erfolgten Beschluß der Innenminister, nochmals 5.000 Flüchtlinge in der Bundesrepublik aufzunehmen, und mit der Einrichtung des »Bürgertelefons« beim Deutschen Roten Kreuz hat die Aktion »somit wesentlich ihre Ziele erreicht und ihre Arbeit erfolgreich abgeschlossen«, so Mitinitiator Jürgen Strohmaier von den Grünen. »Schrittchen für Schrittchen« hätten sich Bundesregierung und Berliner Senat »der von der Bevölkerung gewünschten Humanität« genähert. Angesichts von über 400 Privatquartieren »mußte der Senat seine ursprüngliche Haltung revidieren, nur 110 Flüchtlinge ausschließlich in Heimen unterzubringen. Nach der Zusage des Regierenden Bürgermeisters Diepgen, 100 Kinder aus Sarajevo zusätzlich zum Kontingent in Berlin aufzunehmen, wird nun auch das Kontingent selbst erhöht.« Dennoch sei auch das angesichts des Flüchtlingselends immer noch unzureichend, die Visumspflicht müsse endlich aufgehoben werden. usche

Bürgertelefon für Vermittlung von Privatquartieren und Partnerschaften: Tel. 8500593 ab 7.30 Uhr.