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Marathon und Monstershow

■ Nach dem Marathon, bei dem Stephan Freigang die Bronzemedaille hinter Hwang (Südkorea) und Morishita (Japan) gewann, endeten die XXV. Sommerspiele mit einem rauschenden Fest

Barcelona (dpa) — Am Ende hatte er nicht mehr die Kraft zu stehen, reckte im Liegen die Arme zur Siegerpose dem Himmel entgegen. Stephan Freigang aus Cottbus hatte nach 42,195 Kilometern im 257. und letzten Wettbewerb der XXV. Olympischen Spiele in Barcelona einen sensationellen Schlußpunkt für die deutschen Leichtathleten gesetzt. Völlig überraschend gewann der 24jährige die Bronzemedaille im Marathonlauf hinter dem Südkoreaner Young-Cho Hwang und dem Japaner Koichi Morishita.

„Ich kann es noch gar nicht fassen. Ich wußte nicht, daß ich so gut in Form bin“, sagte der 24jährige Sportstudent, der nach dem Rennen von Krämpfen geplagt wurde und in den Katakomben des Olympia-Stadions erste Interviews im Liegen geben mußte. Der Bronze-Lauf war sein erster Marathon im Olympia-Jahr und insgesamt erst der sechste seiner Karriere, die auf der klassischen olympischen Strecke 1988 in Budapest begann; dort gewann er auf Anhieb den Marathon. 1991 bei der WM in Tokio mußte er sich mit dem 18. Platz zufrieden geben.

Freigang lief ein taktisch äußerst geschicktes Rennen. Erst im letzten Drittel schloß er zur Spitzengruppe auf, hängte sich am Schluß an den Japaner Takeyuki Nakayama und lief ihm auf den letzten 150 Metern davon. „Da habe ich gemerkt, daß er nichts mehr drauf hatte, und ich habe meine Chance gesucht.“

Noch bei Kilometer 40 lag Freigang nicht unter den ersten Neun. „Als die Gruppe vorne zerfiel, habe ich mitgezählt.“ Er lief auf Platz drei vor, doch dann „habe ich Probleme in der Seite bekommen und mir gesagt, verlang jetzt nicht alles.“ Das zahlte sich im fulminanten Schlußspurt gegen Nakayama aus. Mit 2:14:00 Stunden lag er nur 47 Sekunden hinter Sieger Hwang und 15 Sekunden hinter Morishita.

Nach dem Marathon folgte die Schlußfeier. Das furiose Finale, voller Feuer und Knalleffekte, beendete die mit über 10.500 Sportlerinnen und Sportlern bisher größten Olympische Spiele. Das Fest begann mit einer humorvollen Parodie eines Marathon-Laufs, der den bisweilen bis an die Grenze des Absurden gesteigerten Wettstreit unter den Sportlern karikierte. Nach dem Auftritt von 100 Flamenco-Tänzerinnen und -Tänzern zogen die Fahnenträger ins Stadion ein, während die auf den Tribünen sitzenden Sportler mit Scheinwerfern angestrahlt wurden.

Dann brach im Montjuic-Stadion förmlich die Hölle los: Die große Abschieds-Show der katalanischen Theatergruppe „Els Comediants“ mit 700 Mitwirkenden begann. Mit einem ohrenbetäubenden „Urknall“ bildete sich im Innenraum das Universum, Planeten und Sterne tanzten und stiegen langsam in den Nachthimmel. Ein Vulkan brach aus, und aus der Hölle brachen 250 Teufel, Dämonen und Fabelwesen hervor. Das Stadion verwandelte sich in eine feurige Traumwelt. Bestien, Schlangen und ein 40 Meter großer Drachen bevölkerten den Innenraum und schwebten über dem Stadion.

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