piwik no script img

Will Klingbeil Wohnhaus entmieten?

■ Die Greifenhagener Straße 47 in Prenzlauer Berg steht dem Kaufhausprojekt der Klingbeil-Gruppe an der Schönhauser Allee im Weg/ Illegaler Entmietungsversuch/ Die MieterInnen wollen bleiben

Prenzlauer Berg. Die Greifenhagener Straße kommt nicht zur Ruhe. Während im Prozeß gegen Ralf H., der versucht hatte, sein Wohnhaus durch eine Gasexplosion in die Luft zu sprengen (die taz berichtete), das Urteil noch aussteht, bahnt sich bereits der nächste Skandal an. Mitte vergangener Woche bekamen die MieterInnen der Greifenhagener Straße 47 ungebetenen Besuch. Zwei Beauftragte der Klingbeil-Gruppe, Berlins größtem Baulöwen, stellten sich als neue Eigentümer vor und boten den verdutzten MieterInnen Ersatzwohnungen an. Der Grund: Das Gelände sollte abgerissen werden.

»Die machten einen äußerst unangenehmen Eindruck«, schildert Mieterin Dagmar Peinziger den Vorfall. »Die Ersatzwohnungen lagen zum Teil im Wedding, mit Außentoilette und herausgerissener E-Leitung.« Sie und ihr Freund haben ihre Wohnung im vierten Stock in mühevoller Kleinarbeit ausgebaut. Wie die meisten Mietparteien wollen sie bleiben.

Die Greifenhagener Straße 47 liegt auf der Rückseite des Areals Schönhauser Allee 78/80, auf dem die Klingbeil-Gruppe ein Kaufhaus nebst Bürofläche errichten will. Da die Belieferung auf der Schönhauser Allee nicht möglich sei, so der zuständige Bearbeiter der Immobiliengruppe, Kresslin, müsse in der Greifenhagener Straße eine Lösung gefunden werden. Einen geplanten Abriß wollte Kressin allerdings nicht bestätigen. »Dies ist im Augenblick nicht beabsichtigt.«

Der Bauvorbescheid für das Kaufhausprojekt, an dem auch die Stadterneuerungsgesellschaft S.T.E.R.N. beteiligt ist, liegt noch nicht vor. Die Zufahrt über die Greifenhagener Straße, wie von der Klingbeil-Gruppe behauptet, stünde darin gar nicht zur Debatte, sagte Matthias Klipp, Baustadtrat in Prenzlauer Berg, der taz. Nachdem die Entmietungsversuche bekannt wurden, zitierte Klipp die Klingbeil- Gruppe gestern ins Bezirksamt. »Wir haben denen klargemacht, daß sie zum jetzigen Zeitpunkt keinesfalls befugt sind, Ersatzwohnungen anzubieten oder die Mieter aufzufordern, die Miete auf ein anderes Konto zu überweisen«, so Klipp.

Auch die Wohnungsbaugesellschaft hat sich inzwischen an die Klingbeil-Gruppe gewandt. »Das Haus ist noch in unserer Verwaltung«, so Sachbearbeiterin Lehmann von der »WIP« (Wohnen im Prenzlauer Berg). »Die haben da nichts zu suchen.« In der Tat. Die Eigentumsverhältnisse in der Greifenhagener Straße 47 sind vom Landesamt für offene Vermögensfragen noch nicht endgültig entschieden. Die Klingbeil-Gruppe hat zwar die Rückübertragungsansprüche der Alteigentümer gekauft, bis zur Grundbucheintragung wird es aber noch ein halbes Jahr oder mehr dauern. Dies bestätigte auch Klingbeil-Mitarbeiter Kressin. Die Entmietungsgespräche waren »vielleicht etwas vorschnell«, räumte er gegenüber der taz ein.

Aufatmen können die MieterInnen freilich nicht. Wenn zum Ende des Jahres mit der Änderung des Vermögensgesetzes die ehemals zwangsverwalteten Gebäude aus der Verwaltung der Wohnungsbaugesellschaft fallen, habe Klingbeil freie Hand, so Klipp. Möglichkeiten, das Abrißvorhaben zu verweigern, gebe es für das Bezirksamt aufgrund der geplanten Investition so gut wie keine. Die Klingbeil-Gruppe sei bloß verpflichtet, ausreichend Ersatzwohnungen zur Verfügung zu stellen. Neben dem Bezirksamt und der WIP sind auch die MieterInnen aktiv geworden. In Zusammenarbeit mit der Mieterberatung in der Hagenauer Straße wird am 1. September eine Mieterversammlung stattfinden. Dagmar Peinziger: »Wir werden so schnell nicht klein beigeben. Schließlich haben wir gültige Mietverträge.« Den Dachboden haben sie inzwischen verriegelt. »Man weiß ja nie, ob nicht plötzlich mal der Dachstuhl brennt.« Uwe Rada

40.000 mal Danke!

40.000 Menschen beteiligen sich bei taz zahl ich – weil unabhängiger, kritischer Journalismus in diesen Zeiten gebraucht wird. Weil es die taz braucht. Dafür möchten wir uns herzlich bedanken! Ihre Solidarität sorgt dafür, dass taz.de für alle frei zugänglich bleibt. Denn wir verstehen Journalismus nicht nur als Ware, sondern als öffentliches Gut. Was uns besonders macht? Sie, unsere Leser*innen. Sie wissen: Zahlen muss niemand, aber guter Journalismus hat seinen Preis. Und immer mehr machen mit und entscheiden sich für eine freiwillige Unterstützung der taz! Dieser Schub trägt uns gemeinsam in die Zukunft. Wir suchen auch weiterhin Unterstützung: suchen wir auch weiterhin Ihre Unterstützung. Setzen auch Sie jetzt ein Zeichen für kritischen Journalismus – schon mit 5 Euro im Monat! Jetzt unterstützen