piwik no script img

betr.: "Militärischer Einsatz rückt näher", taz vom 8.8.92

betr.: „Militärischer Einsatz rückt näher“, taz vom 8.8.92

„Der Ruf nach Militäreinsatz wird lauter“ — „Nato rüstet zum Einsatz“ — „Nato erhielt Auftrag“ — „Sagt SPD ja zu Kampfeinsätzen?“, so lauten die Schlagzeilen, die die Bürger auf das militärische Eingreifen westlicher Armeen vorbereiten soll. Man kann den Glauben verlieren, selbst der Papst „ermutigt Europa und UNO zu einer Intervention“. Die Befürworter des Eingreifens nehmen also in Kauf, daß das Morden eskaliert und auf die Nachbarländer übergreift.

Eingreiftruppen — und seien es die der UNO — lösen die Konflikte genausowenig wie bisher die Truppen Serbiens, Kroatiens oder Bosniens. Soldaten machen alles nur noch schlimmer. Scharfe Waffen bringen keine humanitäre Hilfe. Eine echt humanitäre Tat wäre das radikale Verbot aller Rüstungsexporte aus Europa und den USA und deren scharfe Kontrolle an unsern und den Balkangrenzen. Hiltrud Brandt, Bremen

Während die Massaker in Bosnien- Herzegowina wie auch Somalia weitergehen, beschränkt sich die internationale Staatengemeinschaft auf diplomatische Protestnoten und sog. humanitäre Hilfe. Während der Besetzung Kuwaits durch den Irak unverzüglich die Aktivierung der US- Militärmaschinerie folgte, kann sich die mordende Soldateska in den bezeichneten Gebieten ziemlich sicher sein, daß es eine vom UN-Sicherheitsrat eingeleitete Militärintervention nicht geben wird.

Auch diejenigen, die der von der UNO gebilligten US-Intervention am Golf noch kräftig Beifall zollten — die Broders, Biermanns und Weiss' —, sind bemerkenswert schweigsam geworden. Die großen Reden von der neuen Qualität der internationalen Beziehungen, vom UN-Sicherheitsrat als Sachwalter des Völker- und Menschenrechts, von den Nato-Truppen als mutige Kämpfer für Freiheit und nationale Selbstbestimmung haben sich als leeres Geschwätz erwiesen.

„Wir haben kein Öl, deshalb läßt man uns allein“ — was wäre diesen Worten des bosnischen Präsidenten noch hinzuzufügen. Richard Kallok, Kaufungen

Es ist ein Jammer, daß die nunmehr fast gesamte freie Welt nicht in der Lage ist, das abscheuliche Morden und Brandschatzen im verfallenen Jugoslawien zu beenden! Wie rasant war doch die Befreiungsaktion für das niemals demokratische Kuwait durchgeführt! Die Kinder der Ölmagnaten wurden mit familieneigenen Jets ausgeflogen. Aber, da steckt der Teufel im Detail, diese Babys und Kleinkinder in Bosnien-Herzegowina verfügen eben nicht über solche Ölproduzentenväter mit eigener Luxusluftflotte. Und nun klagt die Weltorganisation über Geldmangel, kann keine weiteren Blauhelmer in die Kriegsregion senden.

Wieso eigentlich wurden vor nunmehr zwei Jahren dreißig Milliarden Dollar für den Krieg gegen den irakischen Angreifer lockergemacht? Zählen diese kleinsten Opfer in Sarajevo doch etwas weniger im Geschäft der UNO? Und überhaupt, es erstaunt den geneigten Leser wohl, daß er nichts hört und sieht von „machtvollen Friedensdemonstrationen“ wie einst in Bonn und sonstwo.

Welch eine schändliche Koalition des Verschweigens und Nichthandelns zwischen den UNO-Oberen und den sich sonst stets empörenden „Friedenskämpfern“ offenbart sich den aufmerksamen Lesern, Hörern und Sehern? [...] Ulf Müller, Berlin

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen