Die Dampfwalze? Die Stille?

■ Obwohl es keinen Traumkandidaten gibt: Wenn sich die Bremerhavener Koalition heute abend nicht einigen kann, wird sie vom Leben bestraft

Ein Selbstdarsteller sprach sich mit zupackender Rhetorik in die offenen Herzen der meisten Sozialdemokraten. Hemdsärmelig verkündete er Allerweltsweisheiten und tröstete die von den permanenten Diskussionen um moderne Kunst verunsicherten GenossInnen mit dem Bekenntnis: „Meine Bekannten sagen auch nicht: Baselitz kommt, hurra!“ Einige VertreterInnen der Kunst- und Kulturszene waren über seine „ausgesprochene Unseriosität“ entsetzt; sie sehen eine „pädagogische Dampfwalze“ auf Bremerhaven zurollen, die aus der ganzen Stadt eine Volkshochschule mache.

„Wir müssen bei beiden Vorträgen den Honig aus der Scheiße ziehen“, sagte verzweifelt ein Grüner im Nachgespräch, der sich am liebsten für keinen der beiden KandidatInnen entscheiden würde. Die eher leise und zurückhaltend auftretende Kunstsachverständige Barbara Alms konnte ihren Heimvorteil bei den SPD-Delegierten nicht nutzen. Sie war nicht nur zu reflektiert, sie wollte es sich auch in ihrer Freundlichkeit mit niemandem verderben und verlegte sich auf die schönen Gemeinplätze. Andererseits machte es sie durchaus sympathisch, daß sie sich auf bestimmte Projekte und Finanzforderungen nicht festlegen lassen wollte.

Heute abend muß die Entscheidung fallen. Sonst ist die Koalition, die eh nur über eine Mehrheit von einer Stimme verfügt, gefährdet, und möglicherweise würde dann Idis Hartmann, jetzt noch (seit 1990) Kulturdezernentin in Magdeburg, als Gegenkandidatin von CDU und FDP gewählt werden. Die Frage ist, was die Koalition will: Der parteilose Wolfgang Weiß hat den Ton drauf, den die Herren im Magistrat kennen; die ebenfalls parteilose Barbara Alms wäre eine Alternative: Sie steht immerhin für einen anderen Politik-Stil. Hans Happel