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Ausflucht statt Aufschrei

■ Die Inszenierung von Udo Zimmermanns Oper Weiße Rose in der Opera stabile

in der Opera stabile

Was bleibt, wenn Widerstand gewaltsam gebrochen und in Gefängniszellen eingemauert wird, sind ganz leise Töne autistischer Hoffnungen und Gedanken. Das zeigen Sopranistin Kirsten Blanck und Tenor Jürgen Sacher als Geschwister Scholl mit dem Opernprojekt Weiße Rose von Udo Zimmermann in der Opera stabile.

Doch die Dramaturgie erweist sich als schwierig. Intime Ängste, Visionen vom Tod, ein letzter Aufschrei gegen Unterdrückung und Unrecht, bevor das Fallbeil fällt, lassen sich nach Aufzeichungen der Scholls im Textarrangement von Wolfgang Willaschek nur schwer theatralisch vermitteln. Physische wie psychische Isolation der Opfer werden nicht konsequent genug auf die Bühne gebracht. Zwar singen die Geschwister, eingemauert von weißen Kachelwänden und Säulen und begrenzt von einem Stück Erde, mit reduzierten Gesten davon - doch bleibt die dramatische Spannung, die schließlich im Appell „Sagt nicht, es ist fürs Vaterland“ kulminieren soll, auf der Strecke.

Trotz starker Stimme der beiden Sänger und expressiver Gestaltung ihrer Partien bleibt der Gesang zähflüssig und wird szenisch wenig verdichtet. Udo Zimmermann komponiert doch Momente der Leere, der Stille und des Schweigens, nicht nur lyrische Sänger-Sehnsucht, wie es lieber die Regie zeigt.

Vielleicht hätten intensivere Mimik- und Körperarbeit entschiedener zeigen können, wie verzweifelt die Widerstandskämpfer an ihren Hoffnungen und Ängsten zu ersticken drohen. Und könnte nicht gerade eine Wiederaufnahme dieser Produktion - auch nach dem Motto „Seht, wo die Saat der Gewalt gesät wird“ - sich um aktuelle Bezüge, die sich heute geradezu aufdrängen, bemühen?

Sophie und Hans Scholl haben ein Zeichen gesetzt und sollten nicht als antiquierbare, bühnenwirksam ästhetische Figuren in der Musik verschwinden. Denn es handelt sich um historische Figuren, auch wenn sich ihre Emotionen davon abspalten ließen. Katrin Meyer

Opera stabile 29./30.8.; 5./6.9.

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