BHV: Weiß wurde Kulturdezernent

■ Parteiloser Kandidat der SPD gewählt / Kandidatin der Grünen, Barbara Alms, ohne Chance

Pünktlich um 16.00 Uhr wurde die Stadtverordnetenversammlung in Bremerhaven eröffnet, aber das Publikum mußte mehrere Stunden warten, ehe der zweite und wichtigste Tagesordnungspunkt aufgerufen wurde, die Wahl des neuen Schul- und Kulturdezernenten.

Nachdem sich Grüne und Sozialdemokraten bei einer vorherigen Anhörung auf keinen gemeinsamen Spitzenkandidaten hatten einigen können, sondern jeweils mit großer Mehrheit für Wolfgang Weiß (SPD-Kandidat) und für Babara Alms (Grüne) plädiert hatten, wurde die Entscheidung im Stadtparlament mit Hochspannung erwartet.

Es schien nicht völlig ausgeschlossen, daß die Kandidatin der Grünen mit den Stimmen von CDU und FDP im zweiten Wahlgang mit knapper Mehrheit den Sieg davontrüge. Keine Mehrheit fand ein Vorschlag von CDU und FDP, die Wahl von der Tagesordnung abzusetzen und stattdessen in einer Sondersitzung alle vier in die engere Wahl genommenen KandidatInnen den 48 Stadtverordneten und der Öffentlichkeit vorzustellen.

Den Befürwortern dieses Vorschlages von FDP und CDU hielt der SPD-Vorsitzende Siegfried Breuer entgegen: „Wir wählen hier eine politische Person, die die Position der Mehrheit mittragen muß. Tun Sie doch nicht so, als würden Sie irgendeine imaginäre Person wählen. Dann könnten wir die politischen Parteien abschaffen.“

Nun legte sich die FDP zur Überraschung der Grünen („Ach! „) nicht auf Barbara Alms fest, sondern votierte für ihren zweiten Kandidaten Klaus-Ove Kahrmann, einen Flensburger Studienleiter für Realschulen. Die CDU zog daraufhin ihren eigenen Favoriten Helmut Stubbe-da Luz aus dem Rennen und erklärte ihre Unterstützung für den FDP-Kandidaten.

Babara Alms, die in den Tagen vorher in der Bremerhavener Kulturszene die größte Unterstützung gefunden hatte, war nun ohne Chance. Da niemand im ersten Wahlgang die erforderliche absolute Mehrheit erhielt, kam es zur Stichwahl. 20 SPD- und fünf grüne Stimmen votierten geschlossen für Wolfgang Weiß. Der 45-jährige Leiter des Pädagogischen Instituts in Nürnberg und langjährige persönliche Mitarbeiter von Herman Glaser ist für die nächsten acht Jahre Bremerhavens neuer Schul- und Kulturdezernent .

Ein besseres Geschenk konnte die CDU mit ihrem Störmannöver der Koalition aus SPD und Grünen nicht machen. Nach dem Eiertanz der letzten Tage, der die beiden Koalitionspartner in eine schwere Krise zu stürzen drohte, konnten sie jetzt seltene Geschlossenheit demonstrieren.

Der parteilose Wolfgang Weiß wird es mit einer aufmerksamen Kulturszene zu tun bekommen. Sie wird ihn als erstes nach seinen öffentlichen Äußerungen zum Stadttheater befragen, denn: die von ihm gepriesene „Umstellung im Gastspielbetrieb“ sehen einige als Warnzeichen für die Zukunft des Bremerhavener Musentempels. Dem teuersten Kulturinstitut wollten schon vor 20 Jahren führende Sozialdemokraten durch Abbau des Musikbetriebs empfindlich ins Fleisch schneiden.

hans happel