: »Schon mit fünfzehn wußte ich genau, was ich wollte«
■ Barbara Jacubeit, die Präsidentin der Bundesbaudirektion in Berlin, über sich und den Ausbau der Hauptstadt/ Vom Hochbauamt in Baden über das Schloß Gottesaue nach Berlin/ Bei der Planung dürfe es nicht auf ein Jahr ankommen, meint sie, die Berliner müßten schließlich damit einmal leben
»Die ewige Fliegerei schafft mich noch«, seufzt die Präsidentin der Bundesbaudirektion und läßt sich in den schwarzen Lederschwinger hinter ihrem riesenhaften Schreibtisch fallen. Und mit diesen hohen Schuhen, die sie anhabe — sie wirft einen kritischen Blick auf ihre Füße — könne sie gar nicht richtig laufen, die habe sie heute morgen eher aus Versehen gegriffen. Dabei strahlt die in ein elegantes Schneiderkostüm gekleidete, hochgewachsene, rothaarige Barbara Jacubeit im Gegensatz zu ihren Beteuerungen eine umwerfende Energie aus.
Die Präsidentin der Bundesbaudirektion in Berlin — das »in« betont sie, nicht ganz üblich in diesem Metier — ist die oberste Bauherrin der Bundesregierung. Damit ist sie auch die Mittlerin zwischen den Ansprüchen des Bundes und den Wünschen der Stadt Berlin, die oft genug, zumindest hinter den Kulissen, über Kreuz liegen. Mit beider Vertretern, betont sie, verbringt sie wöchentlich Stunden um Stunden in Sitzungen — kein Wunder, hat doch allein Berlin vier Senatsverwaltungen, die den Umzug betreiben und die sich oft genug selbst nicht einig sind. Daß die Präsidentin und ihre 600 Mitarbeiter — davon 370 in Berlin — nach der Hauptstadtentscheidung und der Auslobung des Spreebogenwettbewerbs auf vollen Touren arbeiten, überrascht wohl kaum.
Ihr Aufgabenbereich ist immens. »Wir bauen nicht nur für die Ministerien und das Parlament, wir betreuen alles, was die Stiftung preußischer Kulturbesitz an Bauwerken in Berlin hat, von der Staatsbibliothek über die Museumsinsel bis zum Köpenicker Schloß«, erzählt die 45jährige Architektin. Dazu kommen die Botschaften, die Konsulate, Goethe-Institute und deutsche Schulen im Ausland. In Berlin wird die Bundesbaudirektion vor allem den Umbau des Reichstags und die Neubauten von Parlament und Kanzleramt im Spreebogen in Auftrag geben wie auch die Sanierung des Palastes der Republik — oder dessen Abriß, der der Präsidentin lieber wäre — wenn sie sich auch mit den Argumenten dagegen ernsthaft auseinandersetzt. Eine Kostprobe von ihrer Herangehensweise bekamen die Berliner Behörden bei dem von der Bundesbaudirektion geplanten Umbau des Zeughauses aus dem 17. Jahrhundert, wo die Baudirektion relativ freizügig mit der historischen Bausubstanz umgehen wollte.
Künftig stehen noch der Neubau oder der Umbau einer Reihe von Ministerien auf der Spreeinsel an. Zusätzlich zur Bundesbaudirektion wird eine eigene Baugesellschaft des Bundes gegründet werden. »Das alles ist eine gewaltige Bauleistung, das wird in Hunderten von Jahren noch zu sehen sein«, sagt Jacubeit. »Da darf es bei der Planung nicht auf ein Jahr ankommen, schließlich müssen die Berliner nachher damit leben.« Daß der Umzug von Bonn nach Berlin in vier Jahren machbar sei — wie immer noch von Teilen des Senats behauptet —, habe sie noch nie geglaubt. Zudem kennt sie den Planungseifer der Bonner Ministerialbürokratie, die am liebsten bis zur Bleistiftrinne an den Schreibtischen alles vorher festlegen wollten.
Die gebürtige Konstanzerin — der badische Akzent ist nicht zu überhören — hat in Karlsruhe Architektur studiert. »Das habe ich mit 15 Jahren beschlossen, damals wußte ich schon genau, was ich wollte«, sagt sie. Ihre Karriere ging sie genauso zielstrebig an. Mit 25 Jahren machte sie ihr Diplom, kurz darauf die zweite Staatsprüfung, danach wurde sie Chefin des Hochbauamtes von Baden-Baden. »Unser Hochbauamt war eher organisiert wie ein privates Büro«, erinnert sie sich. Das Amt habe selbst, mit den eigenen Mitarbeitern gebaut, darunter etwa einen Nachtclub, neben der Spielbank. Jacubeit bekam mehrere Architekturpreise, darunter den renommierten Hugo- Hering-Preis für den Wiederaufbau des Schlosses Gottesaue, das zuvor eine völlig ausgebrannte Kriegsruine war und wieder komplett hergestellt werden mußte. Auf das Schloß, vor allem auf die filigrane Stahl- und Glas-Konstruktion der Bibliothek ist sie stolz, obwohl ihr diese Herangehensweise Kritik im Kollegenkreis eingebracht hat — schließlich wird aus einem so wiederaufgebauten Schloß kein historisches Original mehr.
»Als ich mit dem Schloß fertig war, dachte ich: Was mache ich jetzt?« berichtet sie weiter. 1990 sei die Stelle des Präsidenten der Bundesbaudirektion ausgeschrieben worden, da habe sie sich beworben und sei unter rund 50 MitbewerberInnen — meist Männern — genommen worden. Viel schwieriger als dies sei es gewesen, eine Wohnung in Berlin zu finden. Nun lebt sie in Friedenau, hat aber ihre Zweitwohnung in Bonn behalten.
Dort trifft sie sich »gelegentlich« mit ihrem Mann, der eine Professur in Mainz hat. »Wir führen eine Wanderehe«, scherzt sie. Ob sie es nicht ungewöhnlich finde, als Frau in dem Bereich und in dieser hochrangigen Funktion zu arbeiten, kommt die etwas verlegene Frage, die, natürlich, alle Journalisten stellen. Nein, steigt sie auf die Frage ein — wohltuenderweise betont sie nicht, wie bei vielen Frauen in solchen Positionen üblich, daß es doch keine Unterschiede in der Behandlung von Männern und Frauen gebe. Sie aber sei von jeher an solche Funktionen gewöhnt, zudem werde sich das ändern, denn es gebe immer mehr Architekturstudentinnen, die, hofft sie, dann auch Karriere machen. »Und außerdem«, schließt sie spitzbübisch lächelnd, »meine Chefin, die Bundesbauministerin und meine oberste Auftraggeberin, die Präsidentin des Bundestages, sind ja auch Frauen.« Eva Schweitzer
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