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„Quick“-Lesern gehört die Welt nicht mehr

■ Die letzte Nummer: Mit der Auslöschung des „stern von rechts“ endet eine Ära in der Zeitschriftengeschichte

Der Tod der Quick kam überraschend. Um 10 Uhr, am 26. August 1992, hatte Verleger Heinz Bauer auf der Redaktionskonferenz in München-Neuperlach seinen Auftritt: „Mit Heft 36 stellt die Quick ihr Erscheinen ein“, teilte er der versammelten Mannschaft mit. Der Grund: ein totaler Einbruch im Anzeigengeschäft. 50 Prozent weniger als 1991. Als die Redakteure an ihre Schreibtische zurückkehrten, waren ihre Computer und Telefone bereits abgeschaltet. Die „Mutter alle deutschen Illustrierten“ starb im Alter von 44 Jahren. Ein Kapitel deutscher Zeitschriftengeschichte war zu Ende.

Rückblende: Am 25. April 1948 erscheint die erste Ausgabe der Quick, Auflage 110.500 Exemplare, 21 Seiten Text, drei Seiten Anzeigen. Auf dem Titel: US-Präsident Truman. Die Verleger hießen Dr. Theodor Martens, Ex-Vorstandsmitglied bei Ullstein, und Diedrich „Pitt“ Kenneweg, vor dem Krieg Mitarbeiter der Berliner Illustrierten.

Zwei Monate später werden von Heft Nr. 10 schon 560.000 Exemplare verkauft. „Dem Quick-Leser gehört die Welt“, lautete der Slogan, der den Erfolg bedingt. In einer Zeit, in der Rimini und Costa Brava für Deutsche noch Fremdworte sind, fliegen Quick-Reporter um den Erdball. Dann der „Tatsachenbericht“, der sich in zahllosen Fortsetzungen über Monate hinzog und die Leser zum Kauf des nächsten Heftes anhalten sollte. Die Memoiren der Kronprinzessin Cäcilie und der Spionageknüller „Die Katze“ puschten die Auflage der Quick als erste deutsche Illustrierte über die Ein-Millionen- Marke. Einer der Hausautoren ist der damals noch weitgehend unbekannte Johannes Mario Simmel. „Bis zur bitteren Neige“ oder „Es muß nicht immer Kaviar sein“ waren Quick- Produktionen.

Irgendwann 1959 stößt ein junger Polizeireporter des Berliner Boulevardblattes BZ (Springer) zur Redaktion der Quick: Günter Prinz. Als eines Tages die Auflage stagniert, holt er seinen ehemaligen BZ-Chef Karl- Heinz Hagen an die Isar: Er soll der Quick mehr journalistischen Pfiff verpassen. Furore machen die „Wedding-Brothers“, wie Prinz und Hagen genannt werden, als sie für 100.000 DM die Memoiren der Prinzessin Soraya kaufen. Es sollte sich lohnen. Schon die erste Folge der Soraya-Serie ließ die Auflage um 100.000 Exemplare hochschnellen.

Ein dritter Mann von der BZ, dort als Filmkritiker tätig, folgt den „Zwillingen“: Oswalt Kolle. Mit einer Serie „Dein Kind — Das unbekannte Wesen“ erregt er Aufsehen. Zwei weitere „unbekannte Wesen“ — Dein Mann, Deine Frau — blieben vorerst unveröffentlicht. Sie waren Hagen zu starker sexueller Tobak.

Politisch war die Quick pro Adenauer, pro Ehrhardt, weil auch die Leser pro Adenauer und Ehrhardt waren. Sympathiewerbende Homestories über Barzel, Kiesinger, Filbinger oder Strauß wurden immer dann ins Blatt gehoben, wenn es galt, für sie Wähler zu mobilisieren.

Die Krise kam im Jahr 1966, als Quick zwar die Rekordauflage von 1,5 Millionen erreichte, der stern jedoch zum ersten Mal knapp die Nase vorne hatte. Die Wedding-Brothers forderten einen höheren Etat für die Redaktion — damals etwa zehn Millionen DM — die Verleger sagten angesichts der Rezession nein. Prinz und Hagen stellten ein Ultimatum, das nicht ernst genommen wurde — und plötzlich stand die Quick ohne Chefredakteure da.

Am 11. Juni 1966 verkauften Kenneweg und Martens die Quick an den Heinrich Bauer Verlag in Hamburg, der mit Blättern der Regenbogenpresse sein Geld gemacht hatte. Der Preis: angeblich 48 Millionen Mark. Inbegriffen waren die Rechte anderer erfolgreicher Zeitschriften wie Bravo und Revue, die der Martens-Verlag erst ein Jahr zuvor für 13 Millionen von Kindler & Schiermeier erworben hatte.

Der Verkauf an Bauer löste eine Revolution im Palais an der Briener Straße aus. Die Verleger wurden ausgebuht, wo immer sie sich zeigten, tagelang ruhte die Arbeit in der Redaktion. Aus Hamburg und Offenburg reisten die Aufkäufer der Konkurrenz an, um sich die besten Redakteure zu sichern, die für Bauer nicht arbeiten wollten. Die Redaktion begann auszubluten. Dies war der Anfang vom Ende. Von jenem Juni 1966 an ging es mit der Quick bergab: Nicht weniger als zehnmal wurde seither der Chefredakteur gewechselt, manch einer hielt es kaum ein Jahr auf diesem Schleudersitz aus.

Weil Quick vor allem von Frauen gelesen wurde und man mehr Männer für sich gewinnen wollte, erschienen prallbusige Damen auf dem Titel. Ergebnis: die Frauen kauften das Blatt nicht mehr, die Männer zogen den stern oder die ungleich deftigere Neue Revue vor. Stockkonservative Chefredakteure wurden der Redaktion vor die Nase gesetzt. Es gab Politik satt. Man begründete den Ruf: Quick als „stern von rechts“: wobei weniger politisches Engagement entscheidend war als der Wunsch, sich vom „linken“ stern abzuheben.

Man brachte Skandale und Sensationen: als man 1970 einen Geheimvertrag zwischen FDP und SPD ans Licht zerrte, zwei Jahre später den Entwurf eines Grundsatzvertrages der DDR mit der Bundesrepublik publizierte, einen persönlichen Brief des Superministers Schiller an Bundeskanzler Brandt veröffentlichte. Der Staatsanwalt durchsuchte die Redaktion. Irgendwann gab es auch Ärger mit dem Münchener Amtsgericht, das die Quick bundesweit wegen der Abbildung eines erigierten Penis beschlagnahmen ließ. Die Quick kam zwar in die Schlagzeilen, aber die Auflage rutschte nach unten.

In den letzten Jahren war es Richard Mahkorn, ehemaliger Quick- Reporter, in seiner neuen Rolle als Chefredakteur gelungen, die Auflage, die seit dem Verkauf 1966 unaufhaltsam nach unten geglitten war, auf einen Stand von rund 700.000 Exemplaren zu etablieren.

Und nun kam das Ende, seit 1966 hundertmal vorhergesagt, aber zu diesem Zeitpunkt längst nicht mehr erwartet. Denn unter all den Postillen des Hauses Bauer galt die Quick noch immer als das vergleichsweise seriöse Flaggschiff des Verlages. Fast im gleichen Augenblick, als die Quick gekillt wurde, legte der Verleger sein Geld mit einer 24prozentigen Beteiligung beim Privatsender RTL-2 an — dort, wohin die Anzeigenkunden von Quick abgewandert waren. Rund 100 Mitarbeiter stehen plötzlich auf der Straße, viele von ihnen jenseits jener Altersgrenze, unter der sie noch vermittelbar wären. Die Journalisten-Gewerkschaft DJV wertet die Einstellung eines der größten Blätter als ein Symptom für die generelle Krise auf dem Markt der Publikumszeitschriften. htr

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