: Sanieren und beraten
■ Lawaetz-Stiftung zieht Bilanz / Rahmenbedingungen werden schlechter / Verstärkt gegen Obdachlosigkeit / Selbstverwaltung kein Auslaufmodell
zieht Bilanz / Rahmenbedingungen werden schlechter / Verstärkt gegen Obdachlosigkeit / Selbstverwaltung kein Auslaufmodell
„Die Rahmenbedingungen für unsere Arbeit haben sich ständig verschlechtert“, klagte die Geschäftsführerin der Lawaetz-Stiftung, Karin Schmalriede, gestern während der Vorstellung des Geschäftsberichtes von 1991. Betroffen sind alle drei Arbeitsbereiche der 1986 gegründeten Stiftung: Sie ist Sanierungsträgerin der Stadt Hamburg, bemüht sich um den Wohnungsneubau speziell für Obdachlose und fördert die Gründung von selbstverwalteten Betrieben.
Karin Schmalriede: „Die zunehmende Wohnungsnot drängt immer mehr Menschen in die Obdachlosigkeit, während die Preise für alternative Sanierungsobjekte im Spekulations-Strudel nach oben schnellen“. Auch werden die Gruppen, die sich um Gelder für Wohnprojekte bemühen, heute weniger durch Wille zur Entwicklung alternativer Lebensformen zusammengehalten als durch die fehlende Chance, auf dem Wohnungsmarkt eine Bleibe zu ergattern.
Seit 1987 hat die Lawaetz-Stiftung sechs Sanierungsprojekte abgeschlossen, drei weitere haben zur Zeit Baustellencharakter, acht Instandsetzungsvorhaben befinden sich im Planungs- oder Vorbereitungsstadium.
Eines der direkt zum Abbau der Obdachlosigkeit beitragenden Projekte ist die Bewohnbarmachung des Winkelmann'schen Hofes in der Tangstedter Landstraße. Das Gebäude wird derzeit von acht Männern renoviert, die jahrelang in einem Obdachlosen-Wohnheim untergebracht waren. Die Wohnungslosen steuern zur Instandsetzung des 277 Quadratmeter Wohnfläche umfassenden Gebäudes 150000 Mark in Form von handwerklicher Selbsthilfe bei; erhalten dafür langfristige Mietverträge.
Neu im Katalog konkret geplanter Sanierungsvorhaben: der Hochbunker an der Altonaer Mistralstraße. Die katastrophalen hygienischen Zustände in dem von etwa 60 Menschen — darunter viele Drogenabhängige — bewohnten Klotz sollen durch den Einbau von Duschmöglichkeiten und einer Heizungsanlage gemildert werden. Voraussichtliche Kosten: über 2 Millionen Mark.
Im Rahmen eines Förderprogrammes für die Gründung selbstverwalteter Betriebe hat die Lawaetz-Stiftung insgesamt 35 Alternativ-Unternehmen auf die Beine geholfen: Vom Schmidt-Theater über ein Männermoden-Geschäft bis zum gerade eröffneten ersten Geburtshaus in Hamburg. Karin Schmalriede: „Selbstverwaltung ist in Hamburg kein Auslaufmodell“.
Zu einem weiteren Schwerpunkt der Stiftungsarbeit ist in den vergangenen Jahren die Beratung von Qualifizierungs- und Beschäftigungsprojekten geworden, die Fördermittel des Europäischen Sozialfonds (ESF) in Anspruch nehmen wollen. 30 Millionen Mark aus dem ESF-Topf sind seit 1990 nach Hamburg geflossen, weitere Millionen angekündigt. Mit den Fond-Geldern können auch Sozialhilfeempfänger und Beschäftigungslose weiter qualifiziert werden, die nach dem Arbeitsförderungsgesetz keine Ansprüche auf Weiterbildungsmaßnahmen haben. Marco Carini
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