Zuwanderer erhöhten deutschen Wohlstand

RWI-Studie: 3,6 Millionen Zuwanderer in vier Jahren/ Ohne Zuwanderer höhere Arbeitslosigkeit  ■ Aus Essen Walter Jakobs

Durch die massive Zuwanderung von Aussiedlern, Übersiedlern aus der DDR und ausländischen Flüchtlingen hat sich das Wohlstandsniveau in den alten Bundesländern in der Zeit von 1988 bis 1991 beträchtlich verbessert. Das geht aus einer Untersuchung des Rheinisch-Westfälischen Instituts für Wirtschaftsforschung (RWI) in Essen hervor.

Während der vier Jahre kamen 900.000 Übersiedler, 1,2 Millionen Aussiedler und 1,5 Millionen Ausländer nach Westdeutschland. Von diesen Zuwanderern waren 1,7 Mio. potentiell erwerbstätig. Bis Ende 1991 erhielten 1,3 Mio. von ihnen einen Arbeitsplatz. Die Beschäftigung der ansässigen Erwerbsbevölkerung litt darunter nicht. Im Gegenteil! Durch die belebenden Wirkungen der Zuwanderung und der insgesamt dynamischen gesamtwirtschaftlichen Entwicklung sank die Arbeitslosigkeit während des untersuchten Zeitraums um fast 500.000 auf knapp 1,7 Millionen. Allein im Jahr 1991 hat die zugewanderte Bevölkerung über ihr Arbeitseinkommen nach den Berechnungen der Essener Wirtschaftsforscher knapp 30 Milliarden DM an Steuern und Sozialversicherungsbeiträgen aufgebracht (rund 2,5 Prozent der Gesamteinnahmen).

Zieht man von diesem Betrag die staatlichen Aufwendungen für Starthilfen, Eingliederungs- und Arbeitslosengeld, für Kinder- und Wohngeld und für Sozialhilfe sowie für Altersrenten von schätzungsweise 16 Milliarden DM ab, dann bleibt für die öffentlichen Kassen ein Plus von rund 14 Milliarden DM. „Die expansiven gesamtwirtschaftlichen Wirkungen der Zuwanderung ermöglichten über die erwähnte Beschäftigung von 1,3 Mio. Zuwanderern hinaus im Jahr 1991 weiteren 85.000 Personen die Aufnahme einer Erwerbstätigkeit; die Arbeitslosenquote wäre ohne die Zuwanderung in diesem Jahr um 0,2 Prozent höher ausgefallen“, heißt es in der Studie.

Ohne Zuwanderung wäre das Sozialprodukt wärend der vier Jahre statt um 3,8 Prozent nur um durchschnittlich 2,5 Prozent gestiegen. Wenn man alle Zahlungen an die öffentlichen Haushalte mit den Transfers für die Zuwanderer gegenrechnet, kommt man nach dem RWI-Bericht zu einem deutlichen Plus über den gesamten Zeitraum. Die durch die Einwanderung in den Jahren 1988 und 1989 ausgelösten zusätzlichen Defizite seien durch die Haushaltsentlastungen im Jahr 1990 (rund 4 Milliarden DM) und 1991 (reichlich 13 Milliarden DM) „weit mehr als ausgeglichen worden“.

Die Ergebnisse der RWI-Studie bestätigen Untersuchungen des unternehmernahen Instituts der deutschen Wirtschaft (IW), das schon vor einigen Monaten auf die Bedeutung der zugewanderten ausländischen Bevölkerung im westdeutschen Wirtschaftskreislauf hingewiesen hatte. „Eine generelle Reduzierung der Ausländerbeschäftigung“, so das Fazit der IW-Studie, „würde bestimmte Wirtschaftszweige vor unlösbare Ersatzprobleme stellen.“

Unter schlechteren konjunkturellen Rahmenbedingungen wäre die rein ökonomische Gesamtrechnung der Zuwanderung vermutlich aber anders ausgegangen. Darauf weisen die RWI-Forscher am Ende ihres Berichts hin. Bei schwacher Konjunktur hätten „deutlich weniger Zuwanderer“ einen Job gefunden. Dann wäre „der Saldo der Beiträge zu den öffentlichen Finanzen negativ ausgefallen“.

Die für die letzten vier Jahre ermittelten Ergebnisse, so das Fazit, könnten deshalb „nicht ohne weiteres fortgeschrieben werden“.