: Theater-Revolution
■ Eine neue Probebühne für das Tanztheater und die Folgen am Goetheplatz
Seltsam, am hellen Vormittag durch die verschlungenen Gänge des Theaters am Goetheplatz geführt zu werden. Fahl ist das Rot der Samtteppiche, kahl die menschen- und getränkeleere Bar, schmal die betonierten Treppenhäuser und doppelten Eisentüren.
Aber dann treten wir ein in den umgebauten Malersaal, der Licht erhält von einer riesigen schrägen Dachfensterfront. Hier wird gemalt, gebastelt, gebaut, für die Kulissen der nächsten Aufführungen. Und durch diesen Lichtraum hindurch führt der Weg in die neue Probebühne des Bremer Tanztheaters, zum eigentlichen Anlaß der Führung mit Hans Peter Seeling, dem technischen Direktor.
Im Theater am Goetheplatz hat nämlich eine kleine Revolution stattgefunden, eine Umwälzung der bisherigen Raumverhältnisse. Durch die neue Probebühne für das Tanztheater hat das „Moks“, Bremens Kindertheater, endlich, nach Jahren des Herumirrens, eine feste Spielstätte gefunden. In der alten Probebühne des Tanztheaters. Schluß also mit den ewigen Terminquerelen um die Bühne im Brauhaus, wo jetzt in aller Ruhe das „Nachtasyl“ geprobt werden kann, ohne daß das „Moks“ verzweifelt an die Tür klopft.
160 schwarze Quadratmeter hat die neue Tanztheaterprobebühne, auch Wände und Decke sind schwarz. „Das war mein ganz besonderer Wunsch“, sagt Johann Kresnik, Leiter des Tanztheaters, „ich kann nur im Dunkeln arbeiten“, was natürlich heißt: in künstlichem Licht. Seine Truppe hat sich gerade zur Probe versammelt, zu einem noch geheimen Stück. Selbstvergessen tanzt eine schwarzgekleidete Frau mit leuchtenden Haaren vor den fünf neuen Windenzügen für die Kulissen. Der neue Schwingboden vibriert leicht. Die Führung geht weiter.
Über den Hof, wo eine Schauspielerin in langem Kostüm ein Lied singt, und in den Durchgang, wo der Pfeil noch nach rechts zum „Moks“ weist, zum Brauhaus. Der neue Eingang aber liegt gegenüber. Wieder geht es enge Betontreppen hoch, wieder landen wir in einem dunklen Raum. (Theater tagsüber läßt wenig ahnen vom Glanz der Nächte).
Moks-Leiterin Ursula Menck empfängt uns, und der Organisator Thomas Kallin. Sie wirken gelöst und glücklich über die neue Spielstätte (die fünfte inzwischen des Bremer Theaters).
Den Umbau der alten Tanztheater-Probebühne hat das „Moks“ in Eigeninitiative geleistet. Der Raum ist nicht groß (ca. 150 qm), „aber“, so Ursula Mencks, „wir wollen ja gerade die Nähe zum Publikum.“ Vier holzhelle Tribünen stehen bereit, mit den 99 Plätzen, über die kleine Theater nicht hinausgehen, um nicht zusätzliche Sicherheitsvorschriften einhalten zu müssen.
Am 29. September findet die Einweihung statt. Mit der Premiere des schwedischen Kinderstücks: „Eine Nacht im Februar“. Und 99 Gästen. Nicht wahr?
Cornelia Kurth
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