: „Sektfrühstück mit Blasmusik“
■ Die Frauenbewegung auf der Suche nach dem Woher und Wohin
„Wieso gehen wir nicht in die Bremer Bank und holen uns das Geld, das wir brauchen“, fragte eine Frau im Plenum der Frauenwoche. Das Thema: Krise der Frauenbewegung. „Wo kein Geld ist, da gibt es keine Bewegung“, unterstrich eine andere Teilnehmerin. Andere der circa 50 anwesenden Frauen sahen den Konsum-Zeitgeist in die Frauenwoche einziehen.
„Geld“ bzw. gerade der Mangel daran drohe zum dominierenden Thema dieser Frauenwoche zu werden und politische Inhalte zu verdrängen, befürchteten sie. ABM-Stellen werden gestrichen, beantragtes Geld nicht bewilligt. Gerade 900 Mark sind zur Unterstützung der Frauenwoche zusammengekommen. Wer kann, wer soll, wer darf Geld für feministische Projekte geben, fragten die Frauen. Und wieso ist nicht mehr davon da?
Mit der Frage nach dem „Woher“ und „Wodurch“ der Finanzierung stellt sich auch die nach dem „Wohin“ der Frauenbewegung: Läßt sich eine „Revolution mit Staatsknete“ machen oder verkommt so der Frauenkampf zum „Sektfrühstück mit Blasmusik“?
Doch viele Frauen meinen, Geld allein macht noch keine politische Bewegung, Frauen müßten auch politisch motiviert sein. Um welche Inhalte soll frau sich drehen? Warum bezieht die Frauenbewegung nicht stärker zu tagespolitischen Ereignissen Stellung? Was sagen Frauen zu den Rostocker Krawallen?
„Wir werden immmer schweigsamer. Früher haben wir wenigstens über deutsche Würstchen und ausländische Salate gestritten“, beschreibt eine Frau. Andere fordern die Frauen auf, „aus ihrem eigenen Saft und über den Tellerrand zu gucken“, um „wieder Power zu kriegen“. Doch wie kann eine Bewegung nach zwanzig Jahren die Frauen noch „vom Hocker „ holen? Das kann sie eben nicht, war eine Antwort am Montag. Heute müsse Frauenbewegung etwas anderes bedeuten. „Heute ist sie eine gewachsene Gegenkultur, ohne Gloriole“, sagt eine Plenumsteilnehmerin: Ohne viel Aufhebens erzögen Frauen heute ihre Kinder alleine.
Anderen ist das zu wenig: „Ich hab das Gefühl ich bin hier im Freizeit-Center“, sagt eine Frau, „für mich ist 24 Stunden am Tag feministischer Kampf“.
Eine Teilnehmerin vermißt, „daß wir wie früher miteinander reden, streiten, auch wenn es manchmal hart war“. Früher habe sie gemeinsam mit Gewerkschaftsfrauen oder Parteipolitikerinnen gegen den Paragraph 218 gekämpft. Jetzt zögen sich alle Frauen in ihre Eckchen zurück. Wo nur Schweigen und Stille sei, könne es auch keine Bewegung geben. Mit einer CDU Frau wolle sie gar nicht streiten, widerspricht eine andere. „So einer habe ich nichts zu sagen.“
Krise oder NichtKrise? Neuorientierung oder Ende einer sozialen Bewegung? Die Frage, wo die Frauenbewegung steht, wurde von jeder Frau anders beantwortet. M.B.
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