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Die „Süddeutsche“ will wie die „FAZ“ werden

Mit dem Konzept „SZ 2000“ fahndet das etablierte Blatt aus Bayern nach neuen Leserschichten  ■ Aus München Friederike Meyer

Die Süddeutsche Zeitung krempelt ihr Konzept um. Und das, obwohl sie die meistgekaufte deutsche Tageszeitung ist und den Eigentümer (Süddeutscher Verlag) wahrlich keine Geldsorgen drücken. Seit gestern müssen sich die SZ-LeserInnen an eine neue Zeitung gewöhnen: Außerhalb Bayerns wird eine überregionale bundesweite Ausgabe verkauft, während die über 300.000 zählende bayerische Lesergemeinde noch stärker als bisher mit lokalen Nachrichten versorgt wird.

Das Ziel dieser Doppelstrategie: Zum einen will die SZ wirklich zu einer überregionalen Tageszeitung expandieren. Außerhalb Bayerns verkauft sie nämlich bisher nur knapp 19 Prozent ihrer Gesamtauflage (74.000 Exemplare von 393.000 täglich). Ihr umfangreicher Münchner Lokalteil landete bei SZ-LeserInnen in Hamburg oder Köln immer als erstes in den Papierkorb; und der schmale Rest konnte mit der bundesweit stark überlegenen Frankfurter Allgemeinen (300.000 Exemplare täglich außerhalb Frankfurts) nicht mehr konkurrieren.

In ihrem bayerischen Kerngebiet dagegen hat die SZ bisher genau das umgekehrte Problem: Im bevölkerungsreichen Trabantengürtel um München und der weiteren Umgebung war sie zu wenig präsent bei der Lokalberichterstattung. Der politisch konservative Münchner Merkur ist hier ihr stärkster Konkurrent: Mit eigenen Regionalredaktionen zieht er im Münchner Umland LeserInnen und AnzeigenkundInnen an. Deshalb macht es die SZ jetzt dem Münchner Merkur nach und wird nun ebenfalls in den Münchner Landkreisen und Umgebung „über jedes Radl berichten, das an der Ecke umgfallen is“, wie es beim Münchner Merkur heißt.

Das Oktoberfest bleibt bundesweites Thema

Doch nicht nur das bayerische Oberland, auch die Exil-Münchner unter den SZ-LeserInnen werden bei der Reform berücksichtigt. „Drei Seiten Lokalkolorit“ — so die SZ-Presseinformation — hält die Süddeutsche für die angemessene Tagesdosis für LeserInnen fern der Heimat. Also werden sie auch in der bundesweiten Ausgabe nach wie vor mit Berichten über das Oktoberfest oder die ökologische Fäkalienentsorgung auf bayerischen Berghütten getröstet.

Hat sich bei der „Müddeutschen“ also im Grunde nichts geändert, wie einige Journalisten gegenüber der taz prophezeiten? Ganz so leicht wird es die SZ zumindest ihrer überregionalen Konkurrenz nicht machen. Denn bundesweit hat sie zwei wichtige strategische Felder besetzt: Das Feuilleton hat jetzt einen klar überregionalen Teil, der Forum für „kultur- und gesellschaftspolitische“ Debatten sein will. Zum anderen wird der Wirtschaftsteil nun genauer auf zwei wichtige Zielgruppen zugeschnitten: Sowohl Profis aus Wirtschaft und Finanzwelt als auch SparerInnen und KleinanlegerInnen sollen mit mehr Informationen und Serviceleistungen bedient werden.

Diese Reformen der SZ müßte die FAZ eigentlich als direkten Zwei- Fronten-Angriff verstehen. Denn nicht wenige FAZ-LeserInnen behaupten ja, daß sie die das Blatt nur wegen des Feuilletons oder des Wirtschaftsteils lesen. Die Strategie der SZ könnte also unter Umständen aufgehen. Denn die Süddeutsche ist nach wie vor attraktiv für links-liberale und wertkonservative WählerInnen: In der Asyldebatte zum Beispiel bezieht sie seit Wochen klar und unmißverständlich Stellung gegen die Änderung des Grundgesetzes.

Fürchtet sich die FAZ schon vor dem SZ-Zangengriff? Ihr Chef vom Dienst, Werner D'Inka, meint dazu: „Wir gucken mal, wir reagieren mit Wohlwollen und Gelassenheit.“ Und kommt dann auf ein anderes, just im Moment wichtigeres Problem zu sprechen, für das keine der seriösen deutschen Tageszeitungen bisher eine Marktstrategie entdecken konnte: „Wissen Sie, im Osten sind wir alle eingebrochen, da wird weder die Süddeutsche Zeitung, Welt noch Frankfurter Allgemeine gelesen.“

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