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Protest mit Pappnasen und Ballons

■ Zuschüsse für Theatergutscheine für Kinder und Jugendliche sollen um 30Prozent gekürzt werden »Spontaner theatralischer Spaziergang« zum Haushaltsausschuß/ 30.000 Unterschriften übergeben

Schöneberg. Ein dickes blaues Buch bekamen die Mitglieder des Haushaltsausschusses gestern im Rathaus Schöneberg überreicht. Inhalt: Rund 30.000 Unterschriften gegen Kürzungen von 30 Prozent bei den Theatergutscheinen, die Berliner Kindern und Jugendlichen verbilligten Eintritt ermöglichen. Mit Pappnasen, Luftballons und Stelzen protestierten die Theater und ihre kleine Klientel mit einem »spontanen theatralischen Spaziergang« gegen die Sparmaßnahmen.

Das europaweit vielfältigste Kinder- und Jugendtheaterangebot, das derzeit pro Jahr 750.000 mal in Anspruch genommen würde, müsse gerade im Zeichen zunehmender Gewaltbereitschaft bei Jugendlichen als Freizeitangebot erhalten bleiben, so Gerd Hunger, Sprecher der Off-Initiative SPOTT. Ein zusätzlicher Betrag von 300.000 bis 400.000 Mark sei dazu notwendig.

Den rund 82 Freien Kindertheatern in der Stadt, die laut SPOTT-Angaben 85 Prozent des Theaterangebots bestreiten, macht die Kürzung schwer zu schaffen. Im Berliner Figurentheater mußte der Eigenanteil pro Karte von fünf auf sechs Mark angehoben werden. Viele Kitas kommen seitdem gar nicht mehr oder mit weniger Kindern. »Wenn die Eltern nicht zahlen können oder wollen, müssen die Kinder halt zu Hause bleiben. Das ist ein sozialpolitischer Skandal« meinte Schauspielerin Ingrid Müller.

Im Osten sieht die Situation noch schwieriger aus. Das Theater O.N. beispielsweise konnte die Gutscheinkürzung nicht auf den Kartenpreis schlagen. In der Kasse klafft seitdem ein 20prozentiges Loch. »Wir laufen auf dem Zahnfleisch«, erklärte Theaterleiterin Regina Menzel, lange könne man den Verlust nicht mehr durch verstärkte Tourneen auffangen.

Da hilft es wenig, wenn SPD- Fraktionsvorsitzender Dietmar Staffelt die Probleme in der grundsätzlichen gesellschaftlichen Wertigkeit ortet: »Für Video und Spielzeug werden Hunderte von Mark ohne mit der Wimper zu zucken ausgegeben und beim Theater geizen manche Eltern mit jedem Pfennig.« Trotzdem versprach er — natürlich unverbindlich — seine Hilfe: »Das letzte Wort über den Haushalt 94 ist noch nicht gesprochen.« Gerd Hartmann

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