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Eine bedenkliche gesellschaftliche Situation

■ betr.: "Morddrohungen gegen kurdischen Schwulen", taz vom 9.9.92

Betr.: dito

[...] Hier arbeitet die Internationale der Fundamentalisten effektiv Hand in Hand, deren Vertreter in Rom die Diskriminierung von Lesben und Schwulen unlängst nicht nur abgesegnet, sondern gefordert hat. Könnte man die Opfer organisierter Kriminalität aufrechnen, das Medellin-Kartell erschiene als Mädchenpensionat. Es ist dies die segnende Hand über den »Schwulen-Klatschern« und angestrengt Toleranten, die mit verlogenen Scheinargumenten Lesben und Schwulen die Menschenwürde aberkennen. Fast erscheint es als Luxus, das Grundrecht der Eheschließungsfreiheit erstreiten zu wollen, wenn bereits das bloße Auftreten als Schwuler lebensbedrohend, das fundamentale Menschenrecht auf Leben und körperliche Integrität nicht gewährleistet ist. Welchen Wert hat das Zaubermittel »vorbeugende Verbrechensbekämpfung« der neuen Polizeigesetze, welchen Wert die Polizei, wenn jemandem wie Selman Arikboga nicht das Recht auf Leben garantiert wird. Bei den Fundamentalisten in Teheran, Rom, Salt Lake City und sonstwo hat dieser Begriff nun endlich einen greifbaren Sinn.

Arikboga wußte, worauf er sich mit seiner Teilnahme an der »Aktion Standesamt« einließ und als Vorsitzender der Schwulen Internationale bereits eingelassen hat. Monika Wissel hat recht, und es ist nicht auch nur die Andeutung einer Aufkündigung der Solidarität, sondern nur schlechter Journalismus eines — vielleicht zu Recht — frustrierten Ex-Genossen. Daß Arikboga dennoch in die Öffentlichkeit ging, ist ein Aufruf und Beispiel für uns Sofa-Schwule, den Fernseher ab und zu auszuschalten und in dem samstäglichen Flirt mit dem Lenoitre-Verkäufer den Gipfel lesbisch- schwuler Emanzipation zu sehen. Im Ziel sind wir uns doch einig, und dahin führen einige Wege. Hauptsache, der Arsch bewegt sich nicht nur bis zum nächsten Barhocker. Michael Haase

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