piwik no script img

Keusche Liebesnacht

■ Aufpolierte Everding-Inszenierung von Mozarts Rosenkavalier in der Staatsoper

von

Mozarts Rosenkavalier in der Staatsoper

Kurt Moll in der Rolle des Baron Ochs, Hellen Kwon als Sophie und Kiri Te Kanawa als Feldmarschallin - starbesetzt präsentiert die Staatsoper einen aufpolierten märchenhaften Rosenkavalier in der Inszenierung von August Everding.

Als der Vorhang sich öffnet, meint man bei Laura Asheley zu sein: Im Halbrund der Stellwand mit smaragdgrüner und zartrosa Rosenlandschaft liegen die Feldmar-

schallin und ihr junger Liebhaber Oktavian, interpretiert von Ning Liang, keusch zu Bette. Werden die beiden denn aus einer heißen Liebesnacht oder aus dem Dornröschenschlaf gerissen? Hier deuten zwei Frauen im weißen Nachtkleid die Bettszene schüchtern an. Ning Liang singt zwar die Hosenrolle, aber Everding will nichts von Androgynität wissen, so daß nicht der kesse Lüstling, sondern immer das

schüchterne Mädchen durchschimmert. Im Mondschein geht es galant, liebreizend und dekadent zu. Ein melancholischer Segen, ausgesendet von hübschen Putten, liegt über der Liebe. Rosen ranken über dem Baldachin eine süßlich trunkene Welt. Plötzlich stört Baron

Ochs, von Kurt Moll musikalisch wie darstellerisch exzellent als witzig aufdringlicher und schmieriger Typ interpretiert, die Szene.

Nun da ein Mann im Hause ist, geben Ning Liang und Kiri Te Kanawa mehr Stimme, waren doch die Damen zuvor nicht nur szenisch, sondern auch gesanglich zaghaft. Dagegen bringt Kiri Te Kanawa atemberaubend lyrisch und klar ihre Verzweiflung als eine, um das Alter besorgte Frau in einer Arie vor. Immer behält sie, als Frau höheren Standes in dieser Inszenierung die Fassung, Kontrolle siegt über Verwirrung der Gefühle. Der Regisseur läßt darum die Figuren keine aufwendigen Bewegungen machen und hält jede Szene, außer die Massenszenen, stringent statisch. Ganz konventionell das plüschige Musiktheatherkonzept bedienend, zeigt Everding im zweiten Bild, wie sich die Figuren umgeben

vom Büchermeer als Symbol bürgerlich-adliger Erziehung verhalten. Auch da bleiben sie eingezwängt in ein Korsett der Beherrschung und müssen mit Amor, einer kleinen Plastik auf der Bühne, fertig werden. Fast unmerklich geht die berühmte Rosenszene vorbei. Der

junge Liebhaber ist nun Kavalier

1einer ebenso jungen Dame. Als Emblem ihrer Liebe leuchtet eine silberne Rose, während Helen Kwon eine wirklich glanzvolle Sophie abgibt.

Im dritten Bild entsteht eine groteske Spukkomödie mit sprechenden Requisiten - ein Schmuckadler wippt auf einem Portal, Geister erscheinen zu krönender Walzermusik. Musikalisch auffällig schön musiziert, krönt dann das Frauenterzett aus der Dreiecksbeziehung den Abend. Eine gesangstechnisch überzeugende Premiere. Katrin Meyer

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen