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Prozeß um 53 Kilogramm Kokain

■ Mutmaßlicher Berliner Statthalter des kolumbianischen Drogenkartells Cali vor Gericht/ Angeklagter bestreitet Schmuggel/ Schiffskoch als Kronzeuge

Moabit. Vor der 24. Strafkammer des Landgerichts muß sich seit gestern ein Deutsch-Peruaner verantworten, der als »Nummer 1« des kolumbianischen Drogenkartells Cali in Berlin gilt. Der 31jährige Mann und seine drei Mitangeklagten sollen an einem der größten Kokaindeals beteiligt gewesen sein, der in der Bundesrepublik je aufgeflogen ist: 53 Kilogramm Kokain im Wert von mehreren Millionen Mark.

Der mutmaßliche Verbindungsmann des Drogenkartells »Cali«, Kurt K., war den Rauschgiftfahndern im Februar dieses Jahres durch einen Zufall in die Fänge geraten. Die Fahnder waren hinter dem Inhaber einer kleinen Spedition schon lange her gewesen, vermochten ihm aber — trotz Observation — nichts am Leder zu flicken. Anfang März — die Ermittlungen waren gerade erfolglos eingestellt worden — trat Kommissar Zufall auf den Plan: In Bremerhaven beschlagnahmten Zollbeamte auf dem gerade aus Kolumbien eingetroffenen Rostocker Frachter »MS Ronneburg« über 30 Kilogramm Kokain. Der redselige Schiffskoch Ulf L., dem die Drogen zugeordnet wurden, führte die Fahnder auf die Spur nach Berlin. Die 30 Kilo, gab der Schiffskoch an, seien für Kurt K. bestimmt gewesen. Diesem habe er bereits im Dezember vergangenen Jahres zehn Kilo mitgebracht. Kurz darauf wurden in Berlin Kurt K. sowie der 27jährige Mexikaner Saucedo A. und der 31jährige Peruaner Caballero V. festgenommen, dabei wurden weitere 13,5 Kilo Kokain beschlagnahmt.

Vor Gericht schilderte der 36jährige korpulente Schiffskoch mit großer Ruhe in schleppendem norddeutschem Dialekt, wie er im kolumbianischen Hafen Bueno-Ventura im Dezember vergangenen Jahres zum ersten Mal an die heiße Fracht geraten war. »Ein Neger« habe ihm als Gegenleistung für den Schmuggel von 10 Kilo Kokain 50.000 Mark geboten. Die Pakete habe ein Mann namens »Andree« in Hamburg in Empfang genommen, ihm aber statt der versprochenen 50.000 Mark nur 20.000 Mark bezahlt. Das übrige Geld werde er bekommen, wenn er noch einmal Kokain aus Kolumbien mitbringe, habe Andree gesagt. Auf die Frage des Gerichts, ob es sich bei dem besagten Andree um den Angeklagten Kurt K. handele, nickte der Schiffskoch: »Joo, das isser.« Zur zweiten Übergabe im März kam es jedoch nicht. Nachdem der Stoff von den Fahndern beschlagnahmt worden war, hatte sich Ulf L. zwar sofort zur Kooperation bereit erklärt, und Kurt K. in Berlin angerufen. »Er hat am Telefon zu mir gesagt, daß er das Zeug nicht abholen kann, weil er eine Warnung bekommen hat, das das Schiff heiß ist«, sagte Ulf L. gestern.

Der Hauptangeklagte Kurt K. bestritt gestern vehement eine maßgebliche Beteiligung an dem Drogengeschäft. Die eigentlichen Drahtzieher seien ein Spanier und ein Italiener gewesen, deren Identität er später preisgeben werde. Er habe sich für diese nur bereit erklärt, geschmuggelte Smaragde aus Hamburg abzuholen.

Wie die Staatsanwaltschaft zu der Annahme kommt, daß Kurt K. der Statthalter des Drogenkartells Cali in Berlin sei, blieb unklar. Der Prozeß wird fortgesetzt. plu

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