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Wer ist schuld an der Weltrezession?

■ Auf der IWF-Jahrestagung in Washington lassen die Industrieländer den Schwarzen Peter kreisen/ Entwicklungsländer halten sich mit Forderungen an den reichen Norden dieses Jahr sehr zurück

Washington (AP/dpa/taz) — Wie beendet man eine weltweite Rezession? Mit dieser Frage beschäftigen sich seit Dienstag die Finanzminister und Notenbankchefs von 171 Ländern auf der Jahrestagung von Internationalem Währungsfonds (IWF) und Weltbank. Eine Antwort auf diese Frage hat auch die geballte internationale Hochfinanz nicht parat. Vorherrschend bei dem Redenmarathon war die Meinung, daß die Industrieländer in ihrer Wirtschafts-, Währungs- und Finanzpolitik nicht so weitermachen können wie bisher, wenn sie ihrem Führungsanspruch gerecht werden wollen.

Vor allem die sieben größten Industrieländer (G-7; USA, Japan, Deutschland, Frankreich, Großbritannien, Italien und Kanada) müßten ihre Politik wieder enger mit- und aufeinander abstimmen und die Rezepte, die sie mittelfristig zur dauerhaften Sicherung von Wirtschaftswachstum und Stabilität bei Preisen und Währungen anderen predigen, nun selber befolgen.

Michel Camdessus, Exekutivdirektor des IWF, will vor allem den Deutschen, den US-Amerikanern und Italienern ein Sparprogramm verordnen, wie es bislang lediglich Entwicklungs- und Ostblockländer kennen: Zuerst, so sein Appell, müßten diese Länder ihre Haushaltsdefizite abbauen — ein Vorschlag, der auf wenig Gegenliebe stieß.

US-Finanzminister Nicholas Brady schob den Schwarzen Peter gleich weiter an die deutsche Bundesbank. Nur eine Senkung der Leitzinsen könne die Weltwirtschaft aus der Rezession herausführen, sagte er vor der IWF/Weltbank-Vollversammlung. Die Vereinigten Staaten und auch Großbritannien hatten schon während der viertägigen Gespräche zur Vorbereitung der Jahrestagung scharfe Kritik an der deutschen Hochzinspolitik geübt und diese für die schwere Währungskrise mitverantwortlich gemacht. Den US-Beitrag — die chronische Schwäche der US-Wirtschaft und der Sturz des Dollar — hielt er nicht für erwähnenswert.

Gegen die Kritik, die derzeit auch gerne in der EG geäußert wird, versuchte sich Bundesfinanzminister Theo Waigel (CSU) zu verteidigen. Der Aufwertungsdruck auf die Deutsche Mark sei nicht auf die Höhe der deutschen Leitzinsen zurückzuführen, sagte er. Der Finanzminister verteidigte sich außerdem gegen die Kritik Camdessus' an der Kreditfinanzierung der deutschen Einheit. Eine Finanzierung über Steuererhöhungen hätte zu einer schweren Rezession geführt und andere Länder in Mitleidenschaft gezogen.

Vertreter aus der Dritten Welt und dem früheren Ostblock machten deutlich, wie stark sie darauf angewiesen sind, daß es den Industrieländern ökonomisch gut geht, wenn auch sie ihren bescheidenen Wohlstand mehren und in vielen Fällen ihre bittere Armut lindern wollen. Entsprechend zurückhaltend waren sie mit Forderungen.

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