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Vietnam: Die alten Köpfe sind die neuen

■ Parlament bestätigte Premier Vo Van Kiet im Amt und wählte Le Duc Anh zum Staatsoberhaupt

Hanoi (AFP) — Vietnams Regierungschef Vo Van Kiet bleibt auf seinem Posten. Gestern wählte das vietnamesische Parlament den 69jährigen erneut zum Premier des Landes. Kiet gilt als Pragmatiker und Verfechter der 1986 begonnenen wirtschaftlichen Öffnungspolitik des Landes. Der Politiker war als einziger für das Amt des Regierungschefs nominiert worden und erhielt nach offiziellen Angaben 389 von 393 abgegebenen Stimmen.

Kiet steht seit einem Jahr an der Spitze der Regierung. In dieser Funktion trug er mit dazu bei, die Inflation des Landes zu reduzieren, das inzwischen einen Überschuß im Handel sowie bei der landwirtschaftlichen Produktion erwirtschaftet. Daher wird Kiet als Symbol für die wirtschaftlichen Reformen in Vietnam betrachtet, das eines der ärmsten Länder der Welt ist.

Politische Beobachter sehen in der Bestätigung Vo Van Kiets ein Gegengewicht zum neuen vietnamesischen Staatschef General Le Duc Anh, der am Mittwoch gewählt worden war. Als Kommunist alter Schule gilt der 72jährige Anh eher als Garant für das Weiterbestehen einer sozialistischen Ordnung in Vietnam. Politischen Pluralismus lehnt er ab. Anh ist als Staatsoberhaupt zugleich Oberbefehlshaber der Armee und Vorsitzender des nationalen Sicherheits- und Verteidigungsrates.

Premier Kiet ist wie Anh Mitglied des Politbüros und steht in dessen Rangfolge an dritter Stelle. Durch die Aufteilung der staatlichen Führungspositionen an einen Vertreter der alten Linie und einen Befürworter des Reformkurses soll der Einfluß des Politbüros gesichert und ein zu rascher Systemwandel verhindert werden, heißt es in Hanoi.

Das Parlament will die Regierung gemäß der veränderten Verfassung vom April in der kommenden Woche neu strukturieren, um eine effektivere Arbeit zu ermöglichen. In diesem Zusammenhang werden auch die Befugnisse des Ministerpräsidenten erweitert. Das Parlament wählte am Donnerstag als stellvertretende Staatschefin Nguyen Thi Binh. Die heute 65jährige wurde in der Weltöffentlichkeit als Vertreterin der Vietkong durch ihr Auftreten bei den Friedensgesprächen in Paris bekannt, die 1973 zu einem Waffenstillstand zwischen Nord- und Südvietnam führten.

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