piwik no script img

Schummrig

■ Die Reihe Nachtcafe im Literaturhaus mit Walter-Serner-Abend eröffnet

mit Walter-Serner-Abend eröffnet

Ein Dandy im Paris der Zwanzigerjahre war er, Bordell- und Frauenkenner und natürlich Stammgast in den einschlägigen Nachtcafés. Gerüchte über das Leben des Schriftstellers Walter Serner grassierten zuhauf, desgleichen über sein späteres geheimnisvolles Verschwinden. Er hat es zum echten Kult-Autor gebracht, blieb aber vom Klassikerdasein in den Literaturgeschichten verschont.

„Wer war Walter Serner?“ lautete denn auch halb kokett, halb folgerichtig die erste Frage am Freitagabend, mit der zu später Stunde das Literaturhaus die neue „Mitternachtsreihe“ eröffnete. Dort paßte die Caféhaus-Atmosphäre zum Mythos des halbmondänen Pariser Nachtlebens vergangener Zeiten, und Klavier, Kostüme sowie Requisiten auf der Bühne trugen das Ihre zum Schummerstil bei. Auf dem Programm stand eine szenische Serner-Lesung mit Klavierbegleitung, und nach der Pause Tangomusik des Duos Tango Mortale. Geckenhaft-großspurig trug Gotthard Sinn Serners bissige Lockerungs-Aphorismen vor und las aus verschiedenen erotischen Episoden der Sernerschen Protagonisten. Ralf Neubauer assistierte zur Bebilderung der Adjektiva. So wurde der Text häufig als prompt umgesetzte Regieanweisung doppelt-gemoppelt, was ihm nicht immer zugute kam. Zum Glück gab es auch die spielerischen Übersetzungen, die sich auf Skizzenhaftes und Asynchrones einließen. Richtig heimelig wurde es, als sich schwülstige, gleichwohl inszenierte Parfümausdünstungen während einer Sado-Maso-Szene penetrant im Saal ausbreiteten.

Das Nachtcafé im Literaturhaus, das es von nun an jeden letzten Freitag im Monat geben soll, will den Reiz des Verrucht-Frivolen aufleben lassen - dies ist auch abzulesen an dem Motto des Auftaktspektakels: „Was hat Walter Serner mit Tango zu tun?“ Die suggerierte Antwort: Das Milieu. Nostalgie der „goldenen“ Zwanziger, in denen Zuhältertum und Prostitution, Melancholie und Kunst, Kriminalität und Sozialkritik noch nicht im Widerspruch zueinander zu stehen schienen, ist angesagt. Die Veranstaltung war angesichts solcher Sehnsüchte vollständig ausverkauft. Dorothea Schüler

40.000 mal Danke!

40.000 Menschen beteiligen sich bei taz zahl ich – weil unabhängiger, kritischer Journalismus in diesen Zeiten gebraucht wird. Weil es die taz braucht. Dafür möchten wir uns herzlich bedanken! Ihre Solidarität sorgt dafür, dass taz.de für alle frei zugänglich bleibt. Denn wir verstehen Journalismus nicht nur als Ware, sondern als öffentliches Gut. Was uns besonders macht? Sie, unsere Leser*innen. Sie wissen: Zahlen muss niemand, aber guter Journalismus hat seinen Preis. Und immer mehr machen mit und entscheiden sich für eine freiwillige Unterstützung der taz! Dieser Schub trägt uns gemeinsam in die Zukunft. Wir suchen auch weiterhin Unterstützung: suchen wir auch weiterhin Ihre Unterstützung. Setzen auch Sie jetzt ein Zeichen für kritischen Journalismus – schon mit 5 Euro im Monat! Jetzt unterstützen