Asylstelle: VS-Warnung vor Umzug ignoriert

■ Kölner Verfassungsschützer befürchten rechtsextreme Gewalttaten in Hohenschönhausen/ SPD nicht informiert

Hohenschönhausen. Das Kölner Bundesamt hat Mitte September in einer vertraulichen Lageeinschätzung darauf hingewiesen, daß bei der Verlagerung der Asylstelle nach Hohenschönhausen rechtsextremistische Gewalttaten zu befürchten seien. Der Bericht ging allen Landesverfassungsschutzämtern und somit auch dem Berliner Verfassungsschutz und Innensenator Dieter Heckelmann (CDU) zu. Dieser verschwieg den übrigen SenatorInnen die brisante Lageeinschätzung des Bundesamtes jedoch. Sozialsenatorin Ingrid Stahmer (SPD) sagte dazu gestern auf Nachfrage: »Mir ist davon nichts bekannt.«

Wie berichtet soll die Asylstelle nach Angaben von Innenstaatssekretär Jäger (CDU) »spätestens Ende des Monats« aus der Ausländerbehörde am Tiergartner Friedrich-Krause-Ufer ausgegliedert und für mindestens ein halbes Jahr in einen Plattenbau auf einem unübersichtlichen Ex-Stasi-Gelände an der Ferdinand-Schultze-Straße in Hohenschönhausen verlegt werden. Die Sicherheitsbedenken des Bezirksamts Hohenschönhausen, der Gewerkschaft der Polizei (GdP), den Grünen und diversen Flüchtlings-Unterstützergruppen werden — wie der taz jetzt bekannt wurde — vom Bundesamt für Verfassungsschutz in vollem Umfang geteilt. In dem vertraulichen Bericht der Kölner von Mitte September heißt es dazu wörtlich: »Nach Erkenntnissen der Verfassungsschutzbehörden entwickelte sich in Hohenschönhausen nach dem Fall der Mauer kontinuierlich eine rechtsextremistische Szene. Dort befinden sich mehrere Trefflokale von Skinheads und anderen Neonazis. In der Vergangenheit kam es in Hohenschönhausen bereits zu mehreren fremdenfeindlichen Gewalttaten. Vor diesem Hintergrund müssen bei der beabsichtigten Verlegung der Asylbehörde nach Hohenschönhausen rechtsextremistische Gewalttaten befürchtet werden, zumal Berliner Neonazis geäußert haben, ‘Rostocker Verhältnisse‚ könnten sich auch in Berlin abspielen.«

Mitte September hatte Heckelmann im Ausländerausschuß die Verlegung der Asylstelle damit verteidigt, die Sicherheitslage sei in der Ferdinand-Schultze-Straße wesentlich günstiger als am Friedrich-Krause-Ufer. Gleichzeitig hatte sich sein Staatssekretär Jäger in einem taz-Interview dagegen verwahrt, »daß wir uns vom Mob der Straße diktieren lassen, wie und wo wir unsere Verwaltungsgeschäfte abwickeln«. Die SPD mogelt sich weiterhin um eine eindeutige Haltung herum. Der ausländerpolitische Sprecher Barthel sagte, er habe bezüglich Hohenschönhausen zwar »große Bauchschmerzen«, könne aber in Ermangelung eines vergeblich gesuchten Alternativobjekts dazu weder ja noch nein sagen. Bei der morgigen Senatssitzung steht das Thema Asylstelle erneut auf der Tagesordnung. Nach Informationen der taz sollen Heckelmann und Bausenator Nagel (SPD) Bericht erstatten, ob das Friedrich-Krause-Ufer nicht doch noch für die halbjährige Übergangsphase von der Asylstelle genutzt werden kann. Plutonia Plarre