: Talk auf dem Stuhl
■ Zahnärzte laden zum "Tag der offenen Tür"
Talk auf dem Stuhl
Zahnärzte laden zum „Tag der offenen Tür“
Die Bremer Zahnärzte laden am Mittwoch ihre Patienten zu einem Plausch ein. Nach dem Motto: „Heute wird nicht gebohrt, sondern geredet“ kann morgen sich jeder auf den Zahnarztsessel setzen, mit seinem Arzt plaudern und ab und zu nach Lust und Laune seinen Mund mit dem bereitstehenden Kaffee ausspülen.
Den Anstoß für diese neuartige Begegnung von Zahnarzt und Patient gab unwillentlich Bundesgesundheitsminster Seehofer. Dank dem Gesundheitsstrukturgesetz hat die Bremer Zahnärztekammer jetzt erkannt, daß ihre Kunden nicht nur Gebißträger, sondern auch mündige Bürger sind. Gerade diese brauchen die Zahnärzte im Augenblick dringend, um ihre „Selbstverwaltung und Eigenständigkeit“ vor dem Zugriff des Staates zu verteidigen. Solidarität ist gefragt.
Der Präsident der Zahnärztekammer Bremen, Dr. Peter Boehme, erklärte gestern, warum die Zahnärzte Unterstützung vom Volk brauchen: „Nach Überzeugung aller zahnärztlichen Organisationen gefährdet der Gesetzentwurf von Seehofer nicht nur die zahnmedizinische Versorgung der Bevölkerung, sondern auch die Existenz vieler Zahnarztpraxen“, sagte er gegenüber der taz.
So seien in Bremen zum Beispiel fast ein Drittel aller Zahnarztpraxen vom Konkurs bedroht, wenn die Bonner Gesundheitsreform in Kraft tritt. Gerade die jungen, neu niedergelassenen Zahnärzte, die mit teuren Krediten ihre Praxen einrichten müßten, werden die Lohneinbußen nicht verkraften können, klagt Boehme.
Der Bremer Durchschnitts- Zahnarzt wird jedoch auch nach Meinung seiner Kammer überleben können, wenn auch nicht mehr lange. Denn laut Statistik ist dieser bereits 47 Jahre alt, verdient 182.000 Mark im Jahr — und stirbt aber schon mit 57 Jahren, „weil der Beruf so anstrengend ist“.
Wer morgen nun überprüfen will, ob sein Zahnarzt in der Nachbarschaft zum Durchschnitt gehört, kann ihn aufsuchen und seinen Sorgen lauschen. Aber auch jene, die selber Schmerzen haben, werden am morgigen Tag nicht allein gelassen. Alle 350 Bremer Zahnärzte haben sich verpflichtet, auch gewöhnliche Schmerzpatienten in ihrer Sprechstunde zu behandeln. MiR
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