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Besser eine Sache, die man sich macht

■ Das Drama einer zerbrochenen Thermoskanne: „Eine Nacht im Februar“ / MOKS-Theater an neuer Stätte

Fünfzehn Jahre ist das Moks- Theater im Februar alt geworden, und nun endlich besitzt es eigene Räume, gleich hinter dem Schauspielhaus. Zur Feier spielte es das Stück „Eine Nacht im Februar“ von Staffan Göthe.

Die Nacht blieb ihrem Namen nichts schuldig. Dunkel und undurchsichtig ereignete sich in ihr die Dramaturgie einer zerbrochenen Thermoskanne, nicht viel mehr und nicht weniger. Zerbrochen hat sie ein kleiner Junge auf dem Schulausflug. Die Lehrerin war böse und der Vater wird es vielleicht sein. Nun kommt zur Blamage die Angst und nicht der Schlaf über ihn in dieser langen Nacht.

Der Junge selbst taucht im Stück nicht auf, nur die personifizierten Gedanken, die er sich über das Unglück und dessen Folgen macht. Gespielt werden die „Gedanken“ auf der neuen kinderfreundlichen und doch furchtbar schwarzen Bühne von Suzanne Andres, Viola von Lewinski, Anselm Haese und Ulrich Pannike.

Die schrien viel und lachten wenig und konnten doch nichts retten, fürchteten sich vor dem nächsten Tag, nicht viel mehr, sie sahen Geister und beleuchten das tragische Unglück von allen Seiten. Doch es will alles nicht so recht unheimlich werden, dabei ist das Konzept furchteinflößend mystisch: „Es gibt Wissenschaftler, die Gedanken nicht für Hirngespinste halten, sondern ihrer Meinung nach sind sie Formen, die für geschulte Leute sichtbar sind“, verkündete das Programm. Wo sie zur eventuellen Besichtigung herumstehen, stand dort nicht.

Wenigstens auf der Bühne zündete die esoterische Fleischwerdung der kindlichen Alpträume nicht. Gleichförmig dunkel, ohne Geschichte und ohne Struktur, lief das Stück in der Inszenierung Torsten Kollandes vor sich hin.

Wenn er groß ist, will der kleine Junge ein Buch schreiben über seine Nacht im Februar. Vielleicht verstehen wir dann, warum im Jahre 1992 eine zerbrochene Thermoskanne noch kindliche Ängste auslösen muß.

Hinterher versprach der Intendant Hansgünther Heyme, das Moks unter die Fittiche zu nehmen. Ach sei er doch strenge, damit sich im Bremer Theater nicht jene mehren, für welche die Gedanken „Schwingungen, wogende Fluten und Wolken“ sind, und nicht eine Sache, die man sich machen sollte. Mark Rothensee

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