: Nicht irgendeine Paddelei im Orbit
■ Ausgestellt. Weltraumfahrer Kolumbus im Übersee-Museum
Nicht irgendeine
Paddelei im Orbit
Ausgestellt: Weltraumfahrer Kolumbus im Übersee-Museum
Das Überseemuseum hebt derzeit direkt vom Meerestrand in den Weltraum ab: Wellenrauschen lockt seit kurzem die BesucherInnen in den zweiten Stock: Dort hockt, am Strand einer einsamen Südseeinsel, unter einer Palme eine halbnackte Einheimische. In einem Glaskasten daneben liegt aufgedockt Santa Maria, das Segelschiff von Columbus.
Der gefeierte Amerika-Entdecker blickt aus sicherer Entfernung auf die idyllische Szene von 1492. Hinter ihm, einen Säbel entfernt und doch zeitlich durch 500 Jahre getrennt, schwebt ein Astronaut im steril-weißen Weltraumanzug: Entdecker 1992. Sein Blick fällt auf eine Weltraumfähre und einen Raumgleiter, beide amerikanisch natürlich.
Daß Europa geantwortet hat, zeigt die Ausstellung „Ein Ding, das sich –Columbus– nennt... Aufbruch zu neuen Welten“. Modelle, Videos und Schautafeln präsentieren „Eureka“, den Raumgleiter „Hermes“, die Trägerrakete „Ariane 5“ und vor allem „Columbus“, das europäische Raumfahrtprogramm, das nächstes Jahr abheben soll. Die Bremer Firma ERNO ist an Entwicklung und Bau des Programms — wie auch der Ausstellung — maßgeblich beteiligt.
Hartmut Roder vom Übersee- Museum sieht zwischen der Entdeckung Amerikas 1492 und der Raumfahrt 1992 durchaus „Analogien“. Heute wie damals sei eine neue Sichtweise notwendig, um auf die Basisfragen des 21. Jahrhunderts Antworten zu finden. Das Ziel der Raumfahrt ist für Roder „nicht irgendeine Paddelei im Orbit“. Raumfahrt müsse vor allem Auswege aus der ökologischen Krise bieten. Davon, das Weltall zu erforschen, hält er wenig. „Der Traum von Freiheit und Abenteuer im Weltraum ist ausgeträumt“.
Für die Firma Erno, die die Ausstellung mitkonzipiert hat, ist das keine Frage. Raumfahrt „ist die technologische Speerspitze“, imagefördernd für die deutsche Wirtschaft, so steht es auf einer der Informationstafeln.
So ganz unkritisch wollte Roder das doch nicht hinnehmen: als Hintergrundmusik zur Ausstellung wählte er den Walzer „An der schönen blauen Donau“, bekannt aus dem Science-Fiction-Film „2001“. Ob die ERNO-Leute nicht doch öfters mal tanzen gehen sollten? Marion Wigand
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