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Heute vor Gericht: Kampfhunde-Steuer

■ Magistrat Bremerhaven gegen 70 Kilo Beißkraft

Heute um 10.00 Uhr entscheidet das Oberverwaltungsgericht Bremen, ob die Bremerhavener Kampfhundesteuer rechtens ist. Etwa 15 Menschen vom Kampfhundestammtisch in Bremerhaven haben sich nämlich zusammengetan, um gegen die Stadtgemeinde Bremerhaven zu klagen. Diese hatte im Juni '91 ein Hundesteuerortsgesetz beschlossen, in dem sie die Hundesteuer für Kampfhunde von 150 Mark jährlich auf 1.200 Mark erhöht hat. Und die dortige Ortspolizeibehörde hatte einige Monate später in einer Polizeiverordnung generellen Maulkorb- und Leinenzwang für alle Kampfhunde angeordnet.

Oliver Beetz, Tierheimleiter in Bremerhaven, ist dagegen der Meinung, daß der Maulkorb-Erlaß bereits als Tierquälerei aufgefaßt werden kann. Der Leinenzwang sei aber schon okay, sagt er auf Anfrage der taz am Telefon, während seine Stimme im Hundegebell aus dem Hintergrund untergeht. „Sicher“, gibt er zu, „die Beißkraft der Kampfhunde ist vorhanden. Ein Rottweiler hat bis zu 70 Kilo Beißkraft, der beißt im Zweifelsfall Ihren Arm glatt durch.“ Da zuckt mein Telefonhörer, der Arm hat sich erschrocken.

Doch im Grunde sind alle Kampfhunderassen ganz liebe Hunde, sagt Beetz, es sei einzig eine Frage der Erziehung. Die Pitbull- und Bullterrier, die sie mal im Tierheim gehabt hätten, seien brav an der Leine mitgegangen. Diese Hunde seien geradezu besonders gute Familienhunde, weiß Beetz.

Doch genau solch ein Familienhund hat beim Spaziergang mit seinem fünfjährigen Mini-Herrchen ein anderes Kind gebissen und schwer verletzt. Ein zweiter Vorfall dieser Art trieb damals den Magistrat Bremerhaven zum Handeln an.

Für Volker Heigenmooser, den Pressesprecher des Magistrats, liegt die Gefährlichkeit der Kampfhunde darin, daß die Beißhemmung weggezüchtet sei. Ein normaler Hund hört bei einer Unterwerfungshandlung seines Gegners mit der Beißerei auf, Kamphunde hingegen beißen sich fest, bis sie ihr Opfer erledigt haben. Mit der erhöhten Hundesteuer für Kampfhunde wolle man das Ausbreiten der Haltung von Kampfhunden verhindern.

„Klar, wenn ein Zuhälter meint, daß er so einen Hund haben will, dann wird er wohl auch die erhöhte Hundesteuer bezahlen“, sagt Heigenmooser. Doch die bisherigen Vorschriften sind vermutlich ohnehin nur eine Übergangslösung. Es gibt eine Initiative des Bundeslandes Nordrhein-Westfalen im Bundesrat, die eine Art „Waffenschein“ für Kampfhunde fordert. „Aber wir können nicht warten, bis ein Kind totgebissen wird“, sagt Heigenmooser. vivA

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