: »Gauckung« auch bei West-Beamten?
■ Senat will über Verfahren zur Stasi-Überprüfung befinden
Berlin. Eine »zweite Überprüfungswelle« hat Innensenator Heckelmann (CDU) bereits im Februar angekündigt, um diejenigen Mitarbeiter im öffentlichen Dienst zu erwischen, die bislang durch die Maschen der Stasi-Kontrolleure geschlüpft sind. Seitdem ist nicht viel passiert, denn die beteiligten Senatsverwaltungen konnten sich nicht auf ein Verfahren einigen. Justizsenatorin Jutta Limbach (SPD) ging zwar noch in der letzten Woche davon aus, daß bei der heute stattfindenden Senatssitzung »weißer Rauch aufsteigt«, doch nach der gestrigen Vorbereitungsrunde der Staatssekretäre war immer noch unklar, welche Linie die Landesregierung zukünftig fahren wird.
Der Innensenator will, »daß im Rahmen eines Prioritätensystems alle Mitarbeiter von der Gauck- Behörde überprüft werden«. Gegen ein solche generelle »Gauckung« hatte jedoch die Justizverwaltung frühzeitig Einspruch erhoben. Das könne als unbegründetes Mißtrauen gegen die Bediensteten aufgefaßt werden. Mittlerweile hat sich Limbach jedoch »vom Grundsatz der Gleichbehandlung überzeugen lassen«. Sie hat dabei die neuen Bundesländer im Blick, die alle Mitarbeiter ohne Unterschied überprüfen lassen.
Doch ist den beteiligten Senatsverwaltungen bewußt, daß eine Durchleuchtung aller Mitarbeiter schon an den Arbeitskapazitäten der Gauck-Behörde scheitern würde. Allein die Zahl der Beschäftigten des öffentlichen Dienstes in den Ostberliner Stadtbezirken beträgt über 150.000. Von daher überlegt man, zunächst nur den höheren Dienst zu überprüfen. Allerdings ist für Limbach auch die Beschäftigung in einem sicherheitsrelevanten Bereich ein Kriterium für das Tätigwerden der Gauck-Behörde.
Völlig strittig ist noch die Frage, inwieweit sich die Westberliner Beamten ebenfalls einer Kontrolle unterziehen sollen. Heckelmann will das den Betroffenen selber überlassen. Limbach befürchtet hingegen, daß dann der Einzelne, der sich der Maßnahme verweigert, unter Druck geraten könnte. Deshalb würde sie das Verfahren, wenn überhaupt, dann lieber einheitlich durchführen. Doch sogar in den Reihen der Ost-Senatoren wird angezweifelt, ob die Überprüfung der West-Bediensteten wirklich nötig ist. dr
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