: „Schon jetzt beginnt das Umdenken“
■ Marat Saralinow, erster Vizeaußenminister Kyrgystans
taz: Was geschieht mit den noch verbliebenen russischen Truppen auf dem Boden Kyrgystans?
Saralinow: Die Armee steht schon lange unter unserer Jurisdiktion. Das Verhältnis zu Rußland ist traditionell gut. Anders sah es im Umgang mit dem ehemaligen Zentrum aus und seiner nicht immer ganz richtigen Politik — oder sagen wir besser seinem Diktat. Darunter hat Kyrgystan heute sehr zu leiden wie alle Republiken. Abgesehen davon hat Kyrgystan aber nie die zentrifugalen Kräfte unterstützt.
Nationale Souveränität zu erlangen war die eine Sache. Aber schon jetzt beginnt das Umdenken in Richtung Einigkeit. Die Republiken verstehen, daß man sich von den gemeinsamen Verbindungen nicht einfach von heute auf morgen lösen kann. Deshalb versuchen die Republiksführungen vorsichtig, wieder eine Form der Zusammenarbeit zu finden, ein neues Statut, auf anderer Grundlage selbstverständlich.
Glauben Sie wirklich, die Ukraine könnte und wollte daran mitwirken?
Wieso? Gegen ein Statut hat sich die Ukraine nie gewehrt. Es ist eine andere Sache, ob sie divergierende Vorstellungen hat. Vielleicht wären uns derartige Exzesse wie heute erspart geblieben, hätte man die Perestroika nur überlegter angelegt.
Sollte sich eine tiefere Gemeinsamkeit zwischen den GUS-Staaten nicht herstellen lassen, könnte dieses Vakuum von einer Vereinigung der mittelasiatischen Staaten im Verbund mit der Türkei aufgefangen werden?
In Aschchabad fand ein Treffen zwischen der Türkei, dem Iran, Pakistan und den mittelasiatischen Staaten statt. Vornehmlich wurden wirtschaftliche Fragen behandelt. Wir Mittelasiaten brauchen einen Zugang zum Meer. Untereinander haben wir schließlich bilaterale Vereinbarungen getroffen.
Was erwartet Ihr Land vom GUS-Gipfel in Bischkek?
Die letzten Treffen haben schon gezeigt, daß es in Richtung Integration geht. Der kasachische Präsident Nasarbajew hat in diesem Sinne sehr gute Initiativen eingebracht. Es wird konkret auf Geschäftsbasis verhandelt. Man versucht einander schon zu verstehen. Eine Art Konsolidierung zeichnet sich ab. Interview: Klaus-Helge Donath
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