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Pilze strahlen weiter

■ Hohe Becquerelwerte sechs Jahre nach Reaktorunfall in Tschernobyl

Berlin (taz) — Ein grüner Knollenblätterpilz im Kochtopf hat seit jeher eine fatale Wirkung. Aber gegenwärtig sollte auch auf den Genuß seiner ungiftigen Verwandten verzichtet werden: Sechs Jahre nach dem Unfall in Tschernobyl weisen Wildpilze noch immer eine enorm hohe radioaktive Belastung auf. Bis das wieder anders wird, sind die Pilzliebhaber von heute alt geworden: Cäsium 137 hat eine Halbwertzeit von 30 Jahren.

Pilze haben die Eigenschaft, Radioisotope oder auch Cadmium aus der Erde wie Schwämme aufzusaugen. Insbesondere aus Moos- und Nadelwaldböden sind die radioaktiven Stoffe für die Pflanzen leicht aufzunehmen. Etwas günstiger für die Verbraucherin sind Pilze, die an Bäumen oder auf Lehm- oder Laubwaldböden wachsen. Spitzenwerte weisen Maronenröhrlinge mit 600 bis 6.500 Becquerel pro Kilo auf. Aber auch die untersuchten Steinpilzproben strahlten mit 280 bis 600 Bq/kg erheblich, teilte das Umweltinstitut München mit und warnte vor dem Verzehr. Bei getrockneten Pilzen können sich die Werte sogar noch verzehnfachen.

Zur Zeit von Tschernobyl galten EG-weit 360 Bq/kg als erträglicher Wert. Wenig später wurde die zulässige Belastung von Nahrungsmitteln zwar verdoppelt — gleichsam als Vorbeugung für den nächsten Reaktorunfall; schließlich hatten die Beratung der Bevölkerung, die Untersuchung und teilweise Vernichtung von Lebensmitteln die Staatskassen erheblich belastet. Die hessische Landesregierung hingegen mochte ihren BürgerInnen kurz nach der Havarie in Tschernobyl nur 20 Bq/kg zumuten. Verbraucherinitiativen rieten damals jedoch stillenden Müttern und Kleinkindern vom Verzehr weitaus geringer belasteter Nahrungsmittel ab.

Den diesjährigen Pilzsegen sollte man allenfalls in Form von Champignons oder dem auf Holz wachsenden Hallimasch genießen. Annette Jensen

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