: Jedem seine eigene Demonstration
■ Die Deutsche Friedens-Gesellschaft will bei der Allparteiendemo gegen Ausländerhaß am 7. November nicht mitmachen und ruft zu einer eigenen auf
Berlin. Die Deutsche Friedens- Gesellschaft mag bei der Allparteiendemonstration gegen Ausländerhaß und Antisemitismus am 7. November nicht mitmachen. Begründung: Es sei eine Alibi-Ver- anstaltung, die „vor allem zur Besänftigung des Auslandes inszeniert wird“. Die DFG nehme „nicht hin, daß Politiker wie Lummer oder Heckelmann, die unter der Hand Nationalismus und Ausländerhaß schüren, sich plötzlich als Verfolgtenfreunde aufspielen können.“ Schlußfolgerung: „Deshalb NEIN zum Alibi-Umzug des Establishments. Wir sind an einem weiteren Scheidepunkt deutscher Geschichte angelangt.“ Nämlich: Entweder „Abrutschen in krassen Nationalismus“ oder — eine eigene Demo am 4. November, „die energisch mit Fremdenfeindlichkeit, Antisemitismus und sonstigem Rassismus aufräumt“.
Wolfgang Wieland von der Fraktion Bündnis 90/ Grüne, die zusammen mit den anderen Fraktionen des Abgeordnetenhauses einen gemeinsamen Aufruftext zum 7. November ausgehandelt hat, nennt den DFG-Vorschlag „albern“ und „unhistorisch“. Er werde „der Dimension des gegenwärtigen Angriffs von rechts nicht gerecht“. Ungeheuerlichkeiten wie der Anschlag auf das ehemalige KZ Sachsenhausen verlangten von mehr als ein paar tausend Menschen eine klare Antwort. Das Bündnis müsse so breit wie möglich sein. Man dürfe nicht so sektiererisch sein, die CDU auszugrenzen, wenn sie selbst mitdemonstrieren wolle. Außerdem bestehe die Gefahr, daß man sich wie rund um den Tag der deutschen Einheit in viel zu vielen Demonstrationen verzettele. Zumal die sächsische CDU zu einer Kundgebung am 9. November aufrufe, und die Linke zur Demo zum SPD-Sonderparteitag in Sachen Asyl am 14. November mobilisiere.
Die AL will in einem für heute angesetzten beratenden Treffen dennoch überlegen, wie man das eigene Eintreten für den Erhalt des Artikel 16 Grundgesetz in Abgrenzung gegen die anderen Parteien auf der Demo selbst deutlich machen kann. „Eine Möglichkeit wäre, einen Block für den Erhalt des Asylrechts unter dem Motto zu bilden: ,Farbe bekennen — Demokratie verteidigen — Asylrecht bewahren‘“, schlägt Jochen Esser für den geschäftsführenden Ausschuß vor. Ein „Umfunktionieren“ der Demo sei das nicht, meinte Jürgen Strohmaier, der als AL-Abgesandter in der interfraktionellen Verhandlungskommission sitzt. Dennoch hoffe die AL natürlich darauf, daß sich „möglichst viele Menschen deutlich sichtbar für den Artikel 16 einsetzen“.
Morgen wird sich die Verhandlungskommission noch einmal treffen. Dann wird auch erst endgültig feststehen, ob die CDU den gemeinsamen Aufruf mitunterzeichen wird. Zum letzten Termin der Kommission hatte sie nämlich — wie anfangs auch die PDS — nur einen schweigenden Beobachter geschickt.
Die unter dem Gesamtmotto „Die Würde des Menschen ist unantastbar“ stehende Demo wird von zwei verschiedenen Punkten in Ost und West losgehen und sich am Lustgarten vereinigen. Unter den drei bis fünf Rednern wird ein Vertreter der Jüdischen Gemeinde und ein Flüchtling sein. Die DFG will die Route für ihre Demo am 4. November noch bekanntgeben. usche
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