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■ Mit Barter-Geschäften auf du und duRussen kaufen Pirna, bezahlt wird mit Kohle

Berlin (taz) - Die Kunst des Überlebens ist, wie jeder weiß, für die ostdeutsche Industrie besonders schwierig. Nun sind die Manager der Treuhand auf etwas ganz Neues verfallen: Ein russischer Investor soll die bereits in die Liquidation geschickten Elbverschmutzer Pirna retten - und zwar über ein Tauschgeschäft.

Die Sokolniki AG, ein russisches Privatunternehmen, übernimmt das im Dezember 1991 stillgelegte Zellstoffwerk. Für den ersten Unternehmenskauf in Ostdeutschland muß die russische Firma den symbolischen Betrag von einer Mark entrichten. Die zugesagten Investitionen in Höhe von rund 200 Millionen Mark werden dann über ein Barter-Geschäft mit russischer Kohle eingetrieben: Sokolniki hat sich von der Regierung der russischen Föderation zusichern lassen, rund acht Millionen Tonnen Kohle aus den Regionen Workuta, Jakutien und Kusbass im Gegenwert von insgesamt 200 Millionen Mark exportieren zu dürfen. Die Vermarktung soll über den internationalen Kohlehandel erfolgen.

Der deutsch-russische Barter-Deal wurde von den Verantwortlichen als Pilotprojekt gewürdigt. Doch einigen der an dem Geschäft beteiligten Herren dürfte der steinzeitliche Tauschhandel doch leichte Magenschmerzen bereiten. Denn fallen die Kohlelieferungen aus Sibirien aus, kann die Treuhand die Investitionen in den Wind schreiben. Und wie die Zinstilgungen durch die GUS-Republiken zeigen, hilft es auch nicht viel weiter, wenn derartige Abmachungen auf höchster politischer Ebene ausgehandelt werden. Juri Grigorjewitsch Gekht jedenfalls ist keine unbedeutende Person im russischen Privatisierungspoker: Der Inhaber der Sokolniki AG, die unweit von Moskau eine große Papierfabrik betreibt, steht der russischen Industriepartei vor und leitet gleichzeitig den mächtigen Wirtschaftsausschuß des russischen Parlaments. Und damit die Russen nicht alle Investitionen aufgebürdet bekommen, schießen Bund und Freistaat Sachsen 103 Millionen Mark zu. In zweieinhalb Jahren sollen in Pirna wieder 110.000 Tonnen hochwertiger Zellstoff für den Export nach Rußland produziert werden - wenn das Geschäft dann noch steht. Einen Eigentumsvorbehalt haben sich die Treuhänder jedenfalls vorsorglich vertraglich zusichern lassen. Erwin Single

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