piwik no script img

Robben rein, Ausländer raus Von Michaela Schießl

Das gefürchtete Grzimek- Syndrom — wachsende Tierliebe bei steigendem Alter — scheint mehr und mehr Besitz zu ergreifen von der ärmsten Brigitte Bardot. Schon lange ist bekannt, daß in ihrer linken Brust ein mitfühlendes Herz für unschuldige Kreaturen schlägt: Vehement setzt die Schöne ihren Schmollmund für niedliche kleine Robben und grinsende Delphine ein. „Ich stülpe nur für Tiere“, lautet die Lebensdevise der abgekörten Filmdiva, seit sie von der tiefen Erkenntnis beseelt ist, daß Tiere im Grunde die besseren Menschen sind. Doch nun sorgt die Mutter Teresa der unschuldigen Kreaturen mit einer tierischen Tat für Schlagzeilen. Tränendrüsen-Brig, die die letzten Jahre in trauter Zweisamkeit mit Brehms Tierleben in ihrer Villa in St. Tropez gelebt hat, schürzt die wulstigen Lippen nun für eine wenig beliebte Spezies. Im selbstlosen Eigenversuch näherte sie sich einer Art, die landläufig als unberechenbar und mit einem Hang zur Brutalität ausgestattet gilt. Wie die britische Tageszeitung Today berichtet, hat die 58jährige Bardot einen Mann geheiratet, der nicht gerade berühmt ist für sensibles Einfühlungsvermögen: den 51jährigen Bernard D'Ornale, Berater des rechtsextremen französischen Politikers Jean-Marie Le Pen. Sie hätten sich augenblicklich verliebt, als sie sich auf einer Party kennengelernt hätten, jubiliert der überglückliche D'Ornale. Brigitte Bardot hingegen hielt sich bedeckt. Gerüchte, die von einer frappierenden Ähnlichkeit zwischen dem zahnigen Blecken ihres vierten Gatten und dem Lächeln von Delphinen berichten, blieben bislang unbestätigt. In der Pariser Künstlerszene hingegen wird vermutet, die Bardot probe für eine Neuauflage ihres Erfolgsfilms Die Schöne und das Biest. Das Biest indes ist eifrig bemüht, die Schöne reinzuwaschen. „Brigitte interessiert sich nicht für Politik“, zwitschert der Reaktionär. „Ihre Aufgabe ist es, sich um Tiere zu kümmern.“ In der Tat stellt der jüngste Akt Bardotscher Tierliebe eine neue Qualität im mitleidsvollen Kampf um die vernunftlose Kreatur dar. Doch Zweifel sind angebracht. Unterschätzt der entrückte Le-Pen- Knecht die enorme Opferbereitschaft, die das Spätstadium des Grzimek-Syndroms kennzeichnet? Kann es wirklich ein Zufall sein, daß sich die französische Frau Hagenbeck einem unnachgiebigen Demagogen zuwendet? Einem Mann, dessen politische Reden eher an das sabbernde Gekeife eines tollwütigen Dobermanns erinnern als an das hilflose Winseln eines einsamen Heulers? Nie und nimmer, sagten Brigitte-Experten und fügten verschwörerisch hinzu: „Sie führt was im Schilde.“ Politik. Sie will Politik machen. Politik für Tiere. Und zwar radikal. Dazu braucht sie ein Instrument, am besten eine Partei, die ein Herz hat für deftige Parolen. So ist es nur noch eine Frage der Zeit, und die unermüdliche Kämpferin für Wurm und Wal wird — dem Vorbild der US-Präsidentschaftsgattinnen folgend — die Werbestrategie für die Partei ihres Gatten bestimmen. Dann endlich kommt neuer Wind in die lustlosen Wahlkampagnen, wenn Frau Bardot ganz Frankreich pflastert mit der Forderung „Mastino ja, Maastricht nein“ und dem leidigen Ausländerproblem endlich ein ultimatives „Robben rein, Ausländer raus“ entgegensetzt.

Eine Koalition, die was bewegt: taz.de und ihre Leser:innen

Unsere Community ermöglicht den freien Zugang für alle. Dies unterscheidet uns von anderen Nachrichtenseiten. Wir begreifen Journalismus nicht nur als Produkt, sondern auch als öffentliches Gut. Unsere Artikel sollen möglichst vielen Menschen zugutekommen. Mit unserer Berichterstattung versuchen wir das zu tun, was wir können: guten, engagierten Journalismus. Alle Schwerpunkte, Berichte und Hintergründe stellen wir dabei frei zur Verfügung, ohne Paywall. Gerade jetzt müssen Einordnungen und Informationen allen zugänglich sein. Was uns noch unterscheidet: Unsere Leser:innen. Sie müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 50.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Es wäre ein schönes Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen