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Anschieber für drei Monate?

■ Der neue gemeinsame Filmbeauftragte Berlin/Brandenburg, Georg Alexander, stellte am vergangenen Donnerstag sich und sein Programm vor

„Ausgang nach Babelsberg“ steht richtungsweisend auf einer Hinweistafel im Garten des Jagdschlosses Glienicke: Schnittstelle Berlin und Brandenburg. Die location war sorgfältig gewählt für die anstehende Präsentation im Schloß, nur einen Steinwurf entfernt von der ehemaligen Agenten-Austausch-Brücke. Georg Alexander, gebürtiger Berliner, stellt sich in Anwesenheit von Hermann Hildebrandt (Kulturstaatssekretär Berlin) für den abwesenden Senator Ulrich Roloff-Momin und Jürgen Dittberner (Staatssekretär in Brandenburg) als „gemeinsamer Filmbeauftragter Berlin/Brandenburg“ vor.

Voila, beurlaubt bis zum Jahresende, habe ihn ZDF-Intendant Stolte gebeten, um die spannende „Aufgabe zu bewältigen, eine Gesellschaft mit beschränkter Haftung zu gründen, der die Filmförderung mit sämtlichen Fördermitteln der beiden Länder zum 1. Januar 1993 übertragen werden soll“. Beurlaubt heißt, daß der „Gründungsbeauftragte“ (Alexander über Alexander) weiterhin beim ZDF als Leiter der Abteilung Spielfilm fungiert. Das ist sicher gut – für Georg Alexander.

An der neuen Filmförderungsanstalt (FFA) sind die Vertragspartner Berlin und Brandenburg zu gleichen Teilen finanziell beteiligt. Sitz der neuen FFA soll Potsdam werden. Die Zahl von 50 Millionen Mark Fördermitteln für Produktion, Verleih, Vertrieb und Filmtheaterwirtschaft wird als Ziel im schönen neuen Filmland Berlin/ Brandenburg anvisiert. 1993, heißt es, müsse man aber erst einmal versuchen, mit 33 Millionen Mark auszukommen. (Im laufenden Jahr will Berlin rund 22 Millionen, Brandenburg 15 Millionen an Fördermitteln bereitgestellt haben.) Und daß nicht irgendein Subalterner befindet, ob das Projekt „Seancen II“ die Summe XYZ bekommt oder nicht, dafür soll die neue „Staatsferne“ des Ganzen garantieren. Später werde der FFA dann ein Intendant vorstehen, und beratende Beiräte wird es geben, und Gremien...

Nach diesen Visionen aber ging Herr Alexander gleich an die Arbeit, die Zeit drängt. Nach der „langen Zeit der Dürre in Sachen Film“ (Orgininalton Kultursenatssprecher Rainer E. Klemke) folge nun die Blütezeit! Mehr als ein Jahr ist vorübergegangen, seit Hans Robert Eisenhauer aus dem Amt ausschied. Seitdem herrscht in der Filmförderung unübersichtliches business as usual. Das bringt vor allem die kleineren Verleiher, Produzenten und Filmemacher auf die Palme. Deren bewilligte Fördermittel liegen teilweise seit Monaten auf Eis. So wird unerwartet die Bonität des Produzenten überprüft. „Da sehen viele alt aus“, weiß Sigbert „Mosch“ Moschall vom Wild-Okapi-Filmverleih.

Für einen Film, der laut Drehbuch im Hochsommer spielt, bedeutet solch eine Verzögerungstaktik das Aus. „Notwendige bürokratische Prozeduren“ kommt zur Antwort von der Filmkredittreuhand, die seit zwölf Jahren den Förderungs-Dschungel verwaltet. Von seiten der Filmschaffenden begegnet man daher den Ankündigungen des alerten Interimsvorsitzenden mit Skepsis. „In so kurzer Zeit ist eine neue und funktionierende Struktur nicht aufzubauen“, meint der Berliner Verleiher.

So blieb denn auch der 50jährige Mann vom ZDF und gelernte Feuilletonredakteur detaillierte Antworten auf Fragen nach dem Inhalt der zu „erarbeitenden Strukturen“ schuldig. Kein Wort dazu, wie die innere Verfassung der Filmförderung nach der Zusammenlegung von Berlin/Brandenburg aussehen wird, keine Leitlinie für die Gewichtung, die bei Förderprojekten vorgenommen werden soll, kein konkretes Konzept für die Verknüpfung der Standorte Babelsberg (Film) und Adlershof (Fernsehen). Nur: „Babelsberg wird ein Zentrum des Filmwesens werden.“ Zur Zeit allerdings ist de facto der Betrieb des deutschen Hollywood suspendiert.

Kooperation nach innen, konstruktive Konkurrenz gegenüber den anderen Ländern wie Nordrhein-Westfalen oder Bayern und Internationalisierung sind weitere Schlagworte des kommissarischen Geschäftsführes. So will Georg Alexander nach NRW, das 50 Millionen Mark Fördermittel vergibt, seine zukünftige FFA an die zweite Stelle rücken und so das Land Bayern, das 30 Millionen zur Verfügung stellt, abhängen.

Das vorhandene, kreative, technische und wirtschaftliche Potential der Region Berlin/Brandenburg soll zum Magneten für Filmschaffende werden. Vor Überkapazitäten hat man keine Angst: So sollen die DFFB und Konrad- Wolff-Hochschule ihre „unterschiedlich ausgeprägten Profile“ (Dittberner/Hildebrandt) weiter ausprägen dürfen.

Es bleibt ein Geheimnis der politisch Verantwortlichen, warum über einen Verbleib des neuen Mannes nach dem Stichtag, zurückhaltend gesagt, nichts Genaues zu erfahren war. Würde der „Anschieber“ (Alexander über Alexander) nach knapp drei Monaten mit dem 1. Januar 1993 entschwinden, wieviel Zeit verstriche wohl dann wieder im Filmland Berlin/Brandenburg? Alles nur eine kostspielige Zwischenlösung? „In der Vergangenheit ist zuviel, aber nicht hinreichend gefördert worden. Das muß sich ändern“, hieß es am Donnerstag im Jagdschlößchen. Last exit to Babelsberg? Yvonne Rehhahn

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