: »Prüf den Prof«: Uni-Lehre unter der Lupe
Ein Gespräch mit den beiden Vorsitzenden des Hamburger ■ Rings Christlich-Demokratischer Studenten (RCDS)
Was habt ihr im nächsten Semester mit den Professoren vor?
Thomas Hesse: Der RCDS führt bundesweit die „Prüf den Prof“- Aktion durch. Wir werden hier in Hamburg in den Fächern Ingenieurwissenschaften, Geisteswissenschaften, Jura, Wiwi und Medizin möglichst an jeden Studenten des 3. und 5. Semesters einen Fragebogen verteilen, im dem er die Qualität der Lehre, die Art, wie sich der Prof verkauft, beurteilen soll. Die Ergebnisse werden in einer Broschüre veröffentlicht.
Warum diese Fachbereiche?
Hesse: Weil es dort die größten Probleme gibt. Bei den Geisteswissenschaften haben wir uns die größten Bereiche rausgesucht, das sind Germanistik, Romanistik, Anglistik, Soziologie und Geschichte.
Ist das nicht unfair? Die Professoren müssen seit Jahren die doppelte Studentenzahl ausbilden.
Phillip Lichtenauer: Wir machen nur das, was die auch mit uns machen: Wir beurteilen ihre Leistung zum beiderseitigen Vorteil. Wir wissen, wo es bei ihnen kneift. Die Rückkopplung, die sie sonst haben, ist Abstimmung mit den Füßen. Daß das Hauptproblem in der Überlastung liegt, ist unbestritten.
Hesse: Wir haben schon im letzten Semester unter dem Motto „Mehr Ehre für die Lehre“ einen bundesweiten Uni-Vergleich durchgeführt und dabei fast nur positive Reaktionen bekommen. Die meisten Profs haben offen mit den Studenten über die Umfrage-Ergebnisse diskutiert. Einige Profs haben dann ihre Vorlesungen völlig umgestaltet, weil sie festgestellt haben: 'Ah, das bringt nichts, wenn ich mit einer Supergeschwindigkeit auf dem Overheadprojektor 'rumschmiere, und kein Mensch kann das lesen. Dann stell ich mich lieber hin und schreib an die Tafel.‘ Um solche kleinen Dinge geht es. Außerdem können wir aus rechtlichen Gründen nur die Profs prüfen, die einverstanden sind.
Die schlechten Professoren wurschteln also weiter vor sich hin.
Lichtenauer: Wir machen das natürlich publik. Das ist dann so eine Art Gruppenzwang, der da ensteht. Allerdings hast du recht. Ein grundsätzliches Problem besteht darin, daß die meisten Beamte sind. Kritik stört die überhaupt nicht.
Die Profs sagen, die Studenten sind nicht studierfähig, jetzt sagen die Studenten, die Profs sind schlecht.
Lichtenauer: Das sagen wir ja nicht. Das Problem ist nur, daß der Anreiz, gut zu lehren, nicht da ist. Und da versuchen wir, eine Wettbewerbssituation zu schaffen.
Was ist ein schlechter Prof?
Lichtenauer: Was der so tut? Ganz einfach. Du mußt einfach nur dein Buch, das du 1972 geschrieben
1hast, Kapitel für Kapitel vorlesen. Und dann wirst du sehen, nach drei Seminarstunden sind nur noch 20 Studenten da, weil der Rest das Buch lieber zu Hause liest.
Hesse: Das ist auch ein Resultat der ersten Umfrage. Die Studenten lernen immer mehr zu Hause.
Die Umfrage wird von Emnid ausgewertet. Wer zahlt das?
Hesse: Erstmal der RCDS. Bei der letzen Umfrage hat es Geld vom Bildungsministerium gegeben. Ich glaube, das wird es diesmal auch geben.
Habt ihr überlegt, ob ihr die Aktion mit anderen Hochschulgruppen gemeinsam macht?
Lichtenauer: Bisher nicht. Aber in der Juso-Erstsemesterzeitung steht zum Thema „Qualität der Lehre“ so ziemlich dasselbe, was wir sa-
1gen. Es gibt wohl ein Bedürfnis, das Thema anzupacken.
Macht der RCDS eine neue Hochschulpolitik?
Lichtenauer: Wir versuchen zumindest in der CDU, die Hochschule zum Thema zu machen. Früher hat sich die CDU darauf beschränkt, die HWP zu bekämpfen. Aber an den Unis ist die Situation einfach so katastrophal, da müssen alle Beteiligten nach Lösungen suchen. Der Kongreß im Rathaus war eine erste Gelegenheit, ins Gespräch zu kommen (s. nebenstehenden Artikel, d. Red.). Großartig viel Neues kam da allerdings nicht.
Was täte ein CDU-Wissenschaftssenator?
Lichtenauer: Auf jeden Fall gäbe es für die Hochschulen mehr Geld.
Interview: Kaija Kutter
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen