■ Press-Schlag: Nestreinigung
Hilmar Hoffmann, seit dem Frühjahr der Kulturbeauftragte für mögliche Olympische Spiele in Berlin im Jahr 2000, hat ein Problem. Das hat vier Ziffern und heißt: 1936. Der einstige Frankfurter Kulturdezernent soll sich für den schwarz-roten Senat hübsch bunte olympische Vor- und Beiprogramme ausdenken und nebenbei noch die Vergangenheit der Nazi- Spiele „bewältigen“. Keine leichte Aufgabe. Sollen doch die neuen Spiele hauptsächlich wieder zwischen der martialischen, übermenschlich erhöhten Nazi-Architektur des Olympiageländes von 1936 stattfinden. Kein Wunder, daß Hoffmann „das Alte“ am liebsten „beerdigen“ oder zumindest „didaktisch relativieren“ möchte.
Bisher hat die Berliner Politik den Blick in die Vergangenheit erfolgreich vermieden. Nun aber, nach Hoyerswerda und Rostock, ist das sportive Verdrängen nicht mehr angesagt. Hoffmann muß die Flucht nach vorn (oder besser gesagt: zurück in die Zukunft) antreten. Er präsentierte neue Vorschläge zur Abpufferung des Nazibau- ten-Ensembles, die eher auf eine Relativierung der jüngsten deutschen Geschichte herauslaufen.
So könnten die Breker- mäßigen Skulpturen, die über das Gelände verteilt sind, im Jahr 2000 alle zusammen auf dem Maifeld neben dem Stadion aufgestellt werden und „der Größe nach antreten“. Dadurch würde dieses „transitorische Museum ironisiert“. Dazwischen könnten dann noch — quasi als Kontrast — ein paar Hrdlicka- Skulpturen vom „geschundenen Menschen“ plaziert werden.
Damit nicht genug: Eine zweite Variante sieht vor, um jede der Nazi-Figuren eine „Museumsvitrine“ zu installieren oder diese mit Cellophan zu überziehen. Das alles, so Hoffmann demütig, solle man ihm doch bitte nicht als „Nestbeschmutzung“ auslegen. Im Gegenteil: Es ist eine Nestreinigung — mit Domestos.kotte
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