: Züngelnde Schwärme
■ Rebecca Horn, Hanne Darboven und Anna und Bernhard Blume widmet die Kunsthalle jeweils einen eigenen Saal
, Hanne Darboven und Anna und Bernhard Blume
widmet die Kunsthalle jeweils einen eigenen Saal
Suchend, tastend, zitternd schwingt ein weißer Blindenstab auf halber Höhe des Raumes. Von unsichtbarer Hand geführt dirigiert er den Chor der Heuschrecken. Die „Heuschrecken“, das sind 35 altmodische Schreibmaschinen verschiedendster Typen, von denen jede einen eigenen Takt spielt, doch alle zusammen, zum „Chor“ an die Zimmerdecke geklebt, schlagen einen drängenden Rhythmus. Besucher, die in der Hamburger Kunsthalle die schmale Treppe zum sehr versteckt liegenden ehemaligen Hans-Arp-Raum erklommen haben, werden mit diesem Anblick belohnt und doch müssen sie sich selbst überflüssig vorkommen, so sehr ist der Raum vom alptraumhaften Leben der Heuschrecken- Schreibmaschinen erfüllt.
Die Installation der international bekannten, heute in New York lebenden Künstlerin, Performerin und Filmemacherin Rebecca Horn wurde jetzt durch die Stiftung zur Förderung der Hamburgischen Kunstsammlungen für die Kunsthalle erworben. Doch dies ging nicht ohne Kontroversen vonstatten. Ein Mitglied der Stiftung erklärte seinen Austritt aus derselben mit den Worten, er wolle sein Geld nicht für den „Ankauf von ein paar alten Schreibmaschinen“ hergeben. Eine Leihgabe der Künstlerin, Chor der Heuschrecken II, ergänzt den neu eingerichteten Raum: Inmitten eines zerbrechlichen „Schwarms“ unzähliger Gläser schießen kleine elektrisch gezündete Flämmchen empor.
Auch Hanne Darboven erhält einen provisorischen Raum. Ihr Zyklus Für Walter Mehring, von der Kunsthalle bereits 1991 erworben, wird erstmalig im „Saal der Meisterzeichnung“ präsentiert. Die Künstlerin von Weltrang lebt in Hamburg-Harburg und widmet sich dort ihrer täglichen Schreibprozedur. Einem strengen Zahlenprinzip folgend, verbindet Darboven reine, schwingende Schreibgesten, wiederkehrende Sätze, Lexikonartikel und Versatzstücke des Zeitgeschehens und der Alltagskultur zu einem Weltwissen auf vielen Din A 4 Blättern. Der 137 Tafeln umfassende Zyklus offenbart den feinsinnigen Humor, der sich hinter der eisernen Disziplin der Künstlerin
1verbirgt, und lädt zum entdeckenden Betrachten ein.
Metaphysik ist Männersache behauptet das Künstlerpaar Anna und Bernhard Blume in Form ihrer wunderbar komischen Fotoarbeit, die erst kürzlich in den Deichtorhallen zu sehen war. Die Kunsthalle hat das siebenteilige Schwarz- Weiß-Werk in diesem Jahr erwor-
1ben. Dazu stellte das Künstlerpaar eine farbige „Kontrastarbeit“, die Polaroidcollage „Gegenseitig“ (1988). Der Hanne-Darboven- und auch der Anna-und-Bernhard-Blume-Raum können leider nur vorläufig gezeigt werden, bis sie dann im Neubau der Kunstinsel eine endgültige Heimat finden. Julia Mummenhoff
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